Mittwoch, 13. August 2014

„Egal wie weit der Weg ist, man muss den ersten Schritt tun.“



Bitte lest nicht den ganzen Text auf einmal, sonst kommt Ihr zu nichts anderem mehr! Nach mittlerweile 42 Tagen in einem fremden Land kommt nur verständlicher Weise einiges Erwähnenswertes zusammen. Viel Spaß beim Lesen! :) 



Freitag, 11.07.2014 – Tag 10



Es ist schon irgendwie merkwürdig. Monatelang bereitet man sich darauf vor – beantragt das Visum, schließt eine Auslandskrankenversicherung ab, unterschreibt den ersten Arbeitsvertrag, bekommt eine Abschiedsparty als Überraschung von seinen besten Freunden organisiert und besucht noch einmal die wichtigsten Leute um Tschüss zu sagen – und nun ist man plötzlich hier. 7500km von zu Hause entfernt, um ein Jahr lang Kanada unsicher zu machen und die Herausforderung zu bewältigen, sich selbst mehr oder weniger mit Gelegenheitsjobs zu finanzieren und dabei Land und Leute kennen zu lernen. Nun ist diese Vorhaben nach Beendigung meiner 12-jährigen Schulzeit erst einmal etwas vollkommen Neues und darum sehr merkwürdig.

Noch seltsamer wird es allerdings werden, wenn auch meine Eltern bald nicht mehr in meiner Nähe sind, da diese nur für ungefähr drei Wochen Urlaub mitgeflogen sind und danach wieder ihrem gewohnten Alltag in Deutschland nachgehen. Ich hingegen werde für den Beginn meiner Zeit hier bei Marc und Caren, Bekannten von uns, die vor ein paar Jahren nach Kanada ausgewandert sind, nahe der Stadt Calgary leben. Dort landete letzte Woche Mittwoch auch unser Flieger, der uns von Frankfurt aus in den Wilden Westen brachte. Fünf Tage verbrachten wir also mit weiteren Freunden meiner Gasteltern – deutsche Touristen und kanadische Einheimische, deren kleiner Tochter ich dabei half Deutsch-Vokabeln zu lernen – in der Stadt. Diese befindet sich seit letztem Wochenende im Ausnahmezustand, da das alljährliche Rodeo-Festival – die Calgary Stampede als The Greatest Outdoor Show On Earth – gerade stattfindet. Am ersten Tag des Festes findet immer eine große Parade statt, an der ich durch meinen zukünftigen Job bei Tourism Calgary selbst teilnehmen durfte und für den Calgary Tower Tausenden an Menschen zuwinkend neben dem Paradewagen mitlaufen durfte. Dadurch, dass ich diese Erfahrung bereits letztes Jahr schon gemacht hatte, war es zwar kein extrem überwältigendes Erlebnis mehr, aber dennoch ein überaus großes Privileg und das erste Mal, dass ich Leute aus den Zuschauerrängen selber gekannt und erkannt habe. Natürlich gingen wir später auch noch auf das Festival-Gelände an sich, das man mit einem riesigen Rummel plus Messehallen vergleichen könnte, jedoch ist hier alles auf die Cowboy-Tradition bezogen. Und in diesem Look erscheinen dann natürlich auch die meisten Besucher, egal ob nun Locals oder Touris. Am Ende des Tages stand dann noch die Grandstand-Show auf dem Programm, eine Show aus Tanz, Gesang, Akrobatik, Feuerwerk und so Vielem mehr. Wie gesagt: The Greatest Outdoor Show On Earth… Im Vergleich zu den beiden Vorjahren empfanden wir die Show allerdings als sehr enttäuschend, da einfach zu wenige Personen auf der zu eindimensionalen Bühne die gleichen Dinge vorführten. Zuvor hielten wir die Show als einzigartig und atemberaubend in Erinnerung, doch dieser Eindruck konnte sich leider nicht erhalten. Erwähnen sollte ich aber auf jeden Fall auch noch das, was vor der Show von statten ging. Es gibt nämlich auch noch die Planwagenrennen, in denen die Cowboys um hohe Gewinne um die Wette reiten bzw. fahren. Während dieser sogenannten Chuckwagonraces wurde auch ein Gewinnspiel mit zwei Zuschauern ausgetragen, bei dem zufälliger Weise zwei der anderen deutschen Urlauber ausgewählt wurden. Derweil wurden Mama und ich noch prompt angesprochen, ob wir nicht gerne Tickets für die Ställe der Planwagen hätten. So konnten wir die Pferde, sowie ihre Reiter und die Wagen kurz nach den Rennen treffen. Allerdings wurden wir erst ganz kurz vor Showbeginn hinein gelassen, sodass wir nur fünf Minuten bei den Ställen an Zeit hatten und auch noch den Anfang der Show verpasst haben. Obendrein hatten die anderen auch noch ihre Karten auf ihren Sitzplätzen liegen lassen, sodass sie erst einmal nicht wieder aufs Showgelände gelassen wurden. Neben diesen Western-Highlights kamen wir in den ersten Tagen auch noch dazu, den Memorial Park und das Lougheed-House in Calgary-Downtown anzuschauen. Außerdem mussten wir natürlich gleich prüfen, ob es in der Old Spaghetti-Factory noch genauso gut schmeckt – tut´s – und wir konnten auch schon über einen lokalen Farmers Market bummeln und in einen richtigen Saloon einkehren.

Seit Montag sind meine Eltern und ich alleine in unserem gemieteten Wohnmobil unterwegs. Erstes Highlight auf unserer Campingtour war der Elk Island Nationalpark nördlich von Calgary, in dem wir geschätzte 100 von dort lebenden 700 Bisons und einen Bieber gesichert haben. Was für ein Glück wir dabei hatten wurde uns auch erst wirklich bewusst, als wir am nächsten Tag noch zwei Mal den 1km langen Bison-Loop entlang fuhren und uns kein einziges Tier über den Weg lief. Eine weitere unnötige Fahrt machten wir zum Ukrainian Cultural Historical Village, einer Nachbildung eines kleinen Dorfes der ersten ukrainischen Einwanderer, das vor allem für jene Touristen relativ uninteressant ist, die schon einmal dem Heritage Park in Calgary einen Besuch abgestattet haben und so einen einfachen Vergleich ziehen können. Von dort aus ging es nach Edmonton, der Hauptstadt Albertas, in der wir drei Tage verweilten. Allerdings konnten wir als anscheinend etwas verwöhnte Touristen  dieser Stadt auch nichts wirklich Schönes abgewinnen. Abgesehen vom Churchill-Square ist in Edmonton meiner Meinung nach nicht so viel zu entdecken. So entschieden wir uns ganz kulturbedacht für eine Besichtigung der Art Gallery of Alberta, in der jedoch auch nur ein Minimum an sehenswerten Kunstwerken für uns hing. Eine positive Sache, die man für Edmonton jedoch erwähnen sollte, ist das aus einer gläsernen Pyramide bestehende Rathaus mit einem öffentlichen Badepool davor. Gestern wollten wir uns mit einer Fahrt mit einem Raddampfer  auf dem North Sasketchewan River eine weitere positive Erinnerung an die Stadt schaffen. Leider war das Boot schon zwei Tage zuvor ausgebucht und wir warteten unwissend eine Stunde lang davor. Dafür machten wir noch einen längeren Spaziergang zur Altstadt hin und durch sie durch. Diese war zwar auch nicht sehr sehenswert, aber immerhin konnten wir im Laufen noch einen Blick auf die vier Pyramiden des Botanischen Gartens werfen und sind auf einen europäischen Importmarkt getroffen, in dem wir erst einmal ein paar bekannte Lebensmittel erwarben. Insgesamt könnte man die Altstadt vermutlich auch als europäisches Ghetto bezeichnen. Heute haben wir die vermutlich größte „Sehenswürdigkeit“ Edmontons erkundet: die West-Edmonton Mall inklusive Fahrgeschäften im Galaxyland, Wasserpark, Seelöwenshow, Themenhotel, Eislaufbahn, Minigolfanlage, Zipline und natürlich vielen, vielen Shops.

Nachdem wir uns dort einige Stunden aufgehalten und abgesehen vom Essen wirklich nichts gekauft, sondern nur gestaunt haben, ging es mit dem Wohnmobil ein ganzes Stück weiter Richtung Jasper, wo wir das Wochenende mit unserer deutschen Gruppe auf dem Campingplatz verbringen. Auf dem Weg dorthin haben wir gerade einige Rehe, ein Bighorn-Sheep und vor allem einen Grizzly-Bären gesehen. Der Bär war natürlich der Hingucker und somit ist der Tag doch schon erfolgreich. 


Immer schön lächeln und winken -
Calgary Stampede Parade
Yahoo - Grüße von meiner Reisebegleitung vom Rodeofestival
Cowboys im Rennfieber - Planwagenrennen
frei lebende Bisons im Elk Island National Park














schöne Abkühlung im Pool vor dem Rathaus von Edmonton













Erlebniswelt Shoppingcentre - die West Edmonton Mall

















 Montag, 14.07.2014 – Tag 13



Der Tag an dem Deutschland Fußballweltmeister wurde, war der Tag an dem wir eine Schwarzbärenmutter mit ihren beiden Kleinen am Straßenrand entdeckt haben. Wir waren gerade auf dem Weg vom Mount Edith Cavell, wo vor unseren Augen ein Stück vom Angel Glacier in die Tiefe flog, nach Jasper. Dort haben wir zu neunt und mit weiteren Deutschland-Fans das Spiel gegen Argentinien in einem irischen Pub gesehen und nein, ich wurde nicht nach meinem Ausweis gefragt.

Anschließend ging es für uns auf dem Patricia Lake paddeln und in der Stadt habe ich endlich schöne und gute Wanderschuhe für mich gefunden. Allerdings war es in dem Outdoor-Geschäft nicht ganz so originell bei ungefähr 35°C Winterklamotten anzuprobieren. Allgemein ist es schon etwas zermürbend, den ganzen lieben langen Tag zu köcheln und nachts im Alkoven halb zu erfrieren. Zu aller Verwirrung fuhren wir dann am Samstag noch zum Columbia Icefield, zu dem wir von der Straße aus hochgewandert sind, um feststellen zu müssen, dass man nicht einmal mehr ganz bis zum Eis heran kommt. Leider konnten wir auch nicht sehen, wie weit das Eis seit unserem ersten Besuch vor neun Jahren zurückgegangen ist, da die Anzeigen der Jahreszahlen seither vernachlässigt schienen.  Dafür haben wir die neueste Attraktion des Eisfelds erkundet: den Glacier Skywalk. Zwar hat man nur die Aussicht auf das Eis und hängt nicht direkt darüber, aber ein tolles Erlebnis ist es schon auf Glas über einem Berghang mit grandioser Perspektive zu laufen.

Heute haben alle unsere vier Familien, die das Wochenende zusammen gecampt haben, Jasper verlassen. Meine Eltern und ich wollten eigentlich bis nach Lake Louise fahren und hatten auch schon einen Campingplatz für heute Nacht gebucht. Aufgrund von Wildfeuer wurde allerdings die dahin führende Straße zeitweise geschlossen und so können wir erst morgen früh wieder dadurch fahren. Ein Umweg hätte länger gedauert, als der Tag lang ist und so sitzen wir hier zu dritt auf einem Parkplatz mitten in der Wildnis fest. Gut, immerhin gibt es hier einen Shop und ein Restaurant, jedoch können wir hier nichts wirklich unternehmen. Trost spenden uns nun die Fotos der drei Schwarzbären, die wir auf dem Weg hierher gesichtet haben. Alles andere muss bis morgen warten. Allerdings sieht die weiße Wand, die sich vor uns gebildet hat und die Rocky Mountains fürs Auge komplett verschwinden lässt, nicht wirklich motivierend aus.  

am Baum hängende Schwarzbärenkinder


überwältigendes Erlebnis auf dem Glacier Skywalk
Schwarzbären...
























Freitag, 18.07.2014



Wenn dir das Wetter in Alberta nicht gefällt, warte fünf Minute und es ändert sich. So war es auch am Montag, als nach einem Gewitter, welches genauso schnell wieder verschwand, wie es auch gekommen war, die Straße um 21:30 Uhr dann doch noch geöffnet wurde. So fuhren wir auf einer einsamen Bundesstraße durch die Rauchschwaden des Wildfeuers nach Lake Louise und verbrachten dort die folgenden drei Nächte. Wir wanderten am Lake Louise 3,4km hoch zum Lake Agnes Teahouse und zurück und einmal um den Emerald Lake herum.

Als wir uns die Takkakaw-Falls anschauen wollten, welches der zweitgrößte Wasserfall Westkanadas ist, lernten wir Rose kennen. Rose ist ursprünglich von den Philippinen, wohnt aber in Vancouver und macht gerade einen Rundtrip durch British Columbia, um all die Wasserfälle zu erkunden. Da es sehr kompliziert ist, mit einem solche großen Wohnmobil zu dem Wasserfall hinauf zu fahren, fragten wir Leute auf einem Parkplatz unten, ob sie mit ihrem Auto selbst hochfahren und noch drei Plätze freihätten. Man kann es ja mal versuchen. Die Chinesen und die Nonne waren gerade vom Takkakaw zurückgekommen und so sprach ich eben Rose an. Diese hatte zwar eigentlich in dem Moment nicht vor, den Wasserfall zu besuchen, hatte jedoch auch nichts Besseres zu tun und so hatte sie auf ihrer Reise mal ein wenig Begleitung und Unterhaltung. So eine Type trifft man auch recht selten. Auf dem Rückweg störten wir dann noch eine Art Dachs, der auf der Straße faulenzte und wieder auf dem Parkplatz angekommen tauschten Rose und ich noch unsere Kontaktdaten aus, für den Fall, dass ich in meinem Jahr hier irgendwann Vancouver erreichen sollte.

Am Tag darauf fuhren wir mit der Lake Louise Gondola, um von oben eine super Sicht auf den See zu haben. Leider waren von der Gondel aus keine Grizzlys zu sehen wie erhofft. Dafür erhaschten wir in den letzten Tagen ein Mountain Goat mit ihrem Kleinen, eine ganze Mountain Goat – Herde, einen Moose, also einen richtigen Elch, ein paar Rehe, eine Gruppe weiblicher Bighorn-Sheeps inklusive Nachwuchs, sowie kleine Pikas an dem wie aus dem Bilderbuch entsprungenen Morain Lake. Zur Erklärung: in Deutschland würde man zu Mountain Goats eher Bergziege, zu den Bighornsheeps wahrscheinlich Steinböcke und zur Pika vielleicht Bergmaus sagen. Nur, dass es in Deutschland längst nicht so viel Wildlife gibt wie in Kanada. Squirrels und Chipmunks entdeckt man hier sowieso an jeder Straßenecke.

Nach einem kurzen Besuch in Banff verließen wir dann die Umgebung von Lake Louise wieder, wo der Zug viermal hupt pro Durchfahrt und das mitten in der Nacht. Weiter ging es dann vorbei an einigen Wasserfällen und durch eine Schlucht hindurch zu den Radium Hot Springs, in deren heißen Pools wir erst einmal ein wenig entspannten. Allerdings ist man nach einem Bad in dem fast 40°C heißen Wasser sehr erschöpft. Natürlich mussten wir dann an selbigen Abend den einzigen Campingplatz erreichen, zu dem wir fahren, der auch einen Pool besitzt. ^^ Dieser befindet sich in Fort Steele in British Columbia und ist somit die einzige Station unserer Reise außerhalb Albertas. Dort besuchten wir heute die Fort Steele Heritage Town, ein Freilichtmuseum wie eine Stadt in den 1890ern mit Ställen, einer Schmiede und einem Bäcker sowie Pferdekutsche, Dampflock und, und, und… Von den Häusern her ist diese noch authentischer als in Calgary, aber unbelebter.

Nun fahren wir Richtung Waterton Lakes Nationalpark zurück nach Alberta und halten weiterhin Aussicht nach Wildlife. So viele Tiere wie in diesem Urlaub haben wir noch überhaupt nicht gesehen. Allerdings muss ich eine Aussage meines ersten Eintrags an dieser Stelle korrigieren, denn  unser erster Bär war wie alle anderen auch ein Schwarzbär und kein Grizzly, trotz braunen Fells. Aber auch sieben freilebende Schwarzbären sind ziemlich faszinierend.


eine Fahrt durch Rauchschwaden - Willkommen in Kanada

Drei Zimmermanns vor den Takkakaw-Falls

Morain Lake
Mountain Goats



Montag, 28.07.2014 – Tag 27



Es hatte dann doch etwas länger als fünf Minuten gedauert, bis das Wetter wieder besser wurde. Im Waterton Lakes Nationalpark stürmte es an dem Wochenende so stark, dass wir alle fünf (Caren und Marc, meine Eltern und ich) befürchteten, unser Wohnmobil würde nachts einfach umkippen. Abgesehen von dieser Sorge wurde man dafür bei dem Wind von 70km/h gut in den Schlaf gewogen. Wir trauten uns sogar eine Schifffahrt bis nach Montana in den USA zu machen, allerdings nur mit zehnminütigem Aufenthalt und ohne wirkliche Ein- und Ausreise. Bei den hohen Wellen durch den Sturm wurden wir natürlich gleich mit nass. Ein Highlight dieser Tour war aber auch unser Moderator an Bord, welcher vom Aussehen und von der Stimme her dem Sänger Passenger zum Verwechseln ähnlich schien und uns über den Park sehr genau informierte. So berichtete er auch, dass die Bisonherden der Umgebung schon lange ausgerottet wurden und nun nur noch ein paar Tiere im sogenannten Bison-Paddock wieder eingeführt wurden. Genau diese kleine Herde hatten wir zu Beginn des Tages besucht, bevor wir zum Geocachen aufbrachen, um vom Nationalpark geprägte Münzen für zwei Challenges  zu ergattern. Diese bekamen wir in der Waterton Townsite, wo einfach mal ein Reh mit seinem Kitz durch die Gärten hoppelte. Nichts Außergewöhnliches hier in Kanada, wo die Bären am Straßenrand auftauchen. So haben wir auf dem Weg zum Cameron Lake Bär Nummer acht und neun tollend im Wald entdeckt. Ich glaube ich schreibe hier viel zu viel über Bären, aber es ist einfach immer noch jedes Mal ein unfassbares Erlebnis einen zu sehen. Mit den beiden Bären in Waterton haben wir allerdings eher an der Straße zum Red Rock Canyon gerechnet und so waren wir in dieser Umgebung sehr darauf fokussiert. Hinter einer Bergkuppe starrte uns dann plötzlich ein Grizzly an. Nach dem ersten Schock mussten wir allerdings feststellen, dass dies nur ein sehr gut platziertes Schild mit dem Abbild eines lebensgroßen Bärens war, das seine Wirkung bei uns allen sehr gut erzielt hatte. Der Red Rock Canyon an sich mit seinem durch Eisen rot gefärbten Gestein, durch das klares blaues Wasser fließt, umgeben von Bergen und grünen Nadelbäumen, hatte ebenfalls eine sehr eindrucksvolle Wirkung. Ein weiterer unserer Anlaufpunkte in Waterton waren die Cameron Falls von denen zeitweise rotes Wasser fließt, da nach heftigen Regenfällen bestimmte Sedimente aus den Steinen ausgewaschen werden. Sowas geschieht natürlich  nicht jeden Tag, also auch nicht zu dem Zeitpunkt, an dem wir dort erschienen. Darum waren nach drei Fotos vom Wasserfall die Columbian Ground Squirrels auch etwas interessanter zu beobachten. Ein Fuchs lief uns in der Gegend ebenfalls über den Weg. Wenn man schon einmal in Waterton ist, sollte man sich allerdings nicht die Gelegenheit nehmen lassen zum Prince of Wales Hotel zu gehen und die Sicht von der Rückseite auf die Seenlandschaft zwischen den Bergen zu genießen. Solange man sich dort nicht wegwedeln lässt, kann man in gefühlte Unendlichkeiten schauen. Den besten Ausblick ergatterten wir allerdings nach der Wanderung auf den sogenannten Bear´s Hump. Der kurze, aber relativ steile Weg dort hinauf ist die Sicht allemal wert. Von 1534m Höhe über dem Meeresspiegel auf dem Mount Crandell guckt man auf alle umliegenden Seen und Berge bis zur USA. Traumhaft!

So verging unser Wochenende in Waterton also auch sehr schnell. Von dort aus wollten wir einen halben Tag lang so weit wie möglich fahren, um an unserem nächsten Stopp mehr Zeit zu haben. So landeten wir abends auf einem Campingplatz im Ort Scandia  mitten im Nichts im strömenden Regen. Von Scandia aus ging es in den Dinosaur Provincial Park östlich von Calgary, der dafür bekannt ist, dass Unmengen an Dinosaurier-Fossilen dort gefunden werden. Abgesehen davon hat der Park eine sehr gegensätzliche Landschaft zu den Rockies. Tausende Canyons bilden die sogenannten Hoodoos. Diese bestehen aus Sandstein, der mit der Zeit von Naturerscheinungen wie Wind abgetragen wird und so bleibt nur noch die relativ stabile obere Schicht übrig, die die pilzförmigen Figuren entstehen lassen. Um diese zu erkunden, nahmen meine Eltern und ich an der Explorer´s Bus Tour teil, in welcher uns ein Guide über die Indianer, die ersten Siedler, die Fossilfunde, -händler und auch Ausgrabungen informierte. Durch den starken Regen zuvor kamen wir allerdings nicht sehr weit in die Hoodoos hinein, wo dann auch die Saurierknochen einfach mal verstreut in der Gegend herum liegen. Jene Knochen werden nach ihrer Entdeckung und Ausgrabung im Royal Tyrrell Museum in Drumheller ausgestellt, einer sehr schöne Ausstellung. Wer nach Drumheller hinein fährt wird sogleich vom World´s Largest Dinosaur begrüßt. Den 26m hohen Dinosaurier kann man von innen über Treppen erklimmen, um ihm oben aus dem Maul auf die Stadt zu schauen. Das ist allerdings auch schon ziemlich alles, was Drumheller zu bieten hat. Papa hat außerdem seit dem Tag extreme Nackenschmerzen und so fuhren wir wieder zurück nach Calgary und beendeten dort unsere Wohnmobiltour. Natürlich gab es bei der Abgabe des Fahrzeugs wieder mit dem gleichen Angestellten wie schon vor zwei Jahren Stress…

Dafür stand uns noch ein weiteres Highlight bevor: ein Rundflug über Calgary Downtown vom Springbreak Airport mit einer Cessna. Vor Mama haben wir es bis dato alle geheim gehalten und als sie erkannt hat, was los ist, wusste sie nicht recht, ob sie sich über die Überraschung freuen oder doch etwas verängstigt regieren sollte. Unser Copilot freute sich wahrscheinlich nicht so sehr, als er zum Ende des Flugs nur noch einen gesunden der drei Passagiere an Bord hatte. Da es ein Introductory Flight war, saß ich nämlich auf dem linken Pilotensitz und habe hoch oben in der Luft eine Zeit lang das Lenken übernommen. So musste ich die Maschine in Richtung Rockies steuern, was durch den extremen Seitenwind gar nicht so einfach war. Spaß gemacht hat es aber und Downtown mal ganz weit von oben zu sehen ist auch wieder eine ganz andere Perspektive gewesen. Somit hatte die Rundreise mit meinen Eltern noch einen krönenden Abschluss verpasst bekommen. Am Freitag hieß es dann nämlich auch schon Abschied nehmen, was ein ziemlich trauriges Ereignis war. Dazu kam dann auch noch der Abschied von Freunden meiner Gasteltern, die nun von Calgary nach Kelowna ziehen.

Nun geht die Herausforderung also wirklich los und so folgte gleich Samstag ein weiteres Highlight. Meine Gasteltern und ich fuhren in den Banff Nationalpark nach Sunshine Meadows, was normaler Weise ein großes Skigebiet ist. Im Sommer fahren die typisch gelben Schulbusse statt der Lifte die Touristen dort zu Kanadas schönstem Day-Hike hoch. So wanderten wir zwischen frechen Squirrels und den schönsten Blumen im Gebirge, bis mir nach 9km irgendwann die Beine kraftlos wurden. Als Belohnung erwischten wir auf der Rückfahrt dann noch den Schatten meines diesjährigen zehnten Schwarzbären.

Momentan bin ich ein wenig auf Jobsuche und auf der Suche nach ein bisschen Organisation sowieso, aber die Dinge werden schon ihren Lauf nehmen.


atemberaubende Sicht im Waterton Lakes National Park
Royal Tyrrell Museum in Drumheller
Calgary Downtown von oben
unbearbeitetes Bild von Sunshine Meadows



Freitag, 08.08.2014 – Tag 38



Ich weiß gar nicht mehr, wovon ich zuerst berichten soll. Es sind so viele Dinge passiert, über die ich schreiben müsste, aber eigentlich habe ich noch damit zu kämpfen, so lange so weit von meiner Familie und meinen Freunden entfernt zu sein. Dabei sind hier auch wirklich alle ganz wundervoll zu mir. Kaylee beispielsweise, die zehnjährige Nachbarstochter, hat mit mir letzte Woche einen kleinen Ausflug in die Ravinen ganz bei uns in der Nähe gemacht, von wo wir einen wundervollen Ausblick hatten. Meine Mitarbeiter bei Tourism Calgary sind auch allesamt sehr liebenswert. Kaitlyn, meine Supervisorin hat mich am Dienstag und Mittwoch sehr gut eingearbeitet, sodass ich von mir aus schon am ersten Tag ohne zu zögern die Touristen im Calgary Tower beraten habe und mich gestern nach meinem dritten Arbeitstag gefragt habe, wieso ich dort eigentlich nicht Vollzeit arbeiten kann. Auch mit Ann verstehe ich mich, wie letztes Jahr schon, wieder sehr gut. Die lustigste Zusammenstellung hatte ich allerdings gestern mit Debbie und Tyler an meiner Seite, welche beide zwei extreme Typen sind, die unterschiedlicher nicht sein könnte. Auf der einen Seite ist da die welterfahrene Dame, die auf den teils noch jugendlichen, zerwuselten, aber zielorientierten Chaoten trifft, der dennoch völlig in seiner Arbeit aufgeht. Und ich mittendrin… Auch die Mitarbeiter der Firma, die nicht im Visitor Information Centre, sondern im Headoffice arbeiten, habe ich größtenteils schon kennengelernt. Letzte Woche Donnerstag war ich mit Caren dort, um noch einige Unterlagen abzugeben und eigentlich ihr mal ein wenig bei der Arbeit über die Schulter zu schauen, doch der Tag lief irgendwie sowas von schief, dass daraus nicht so viel wurde. Zu frühes Aufstehen bekommt mir definitiv nicht. ;) Dafür konnte ich nachmittags noch kostenlos an einer Segway-Tour teilnehmen. Da diese Touren als Art Stadtführungen neu in Calgary angeboten werden, wurde dabei natürlich auch einiges über die Sehenswürdigkeiten wie den Tower erzählt. Wenn man allerdings eine Tour mit lauter Leuten aus der Tourismus-Branche macht, kann einem dabei nicht mehr viel Neues und Unbekanntes einfallen. :D Am Dienstag wurde ich dann gleich eingeladen mit einigen Mitarbeitern die Galleria Ingelwood zu erkunden, während der Arbeitszeit. Gestern traf ich viele der Gesichter beim Wasserski-Contest wieder, zudem Caren, Marc und ich gefahren sind. Eine von Carens Cheffinnen hat gegebenenfalls sogar noch ein Jobangebot für mich. Sonst sieht die Jobsuche insgesamt noch nicht so prickelnd aus. Ich bin heute schon den zweiten Tag komplett durch Cochrane geradelt und habe gefühlte tausende Bewerbungen abgegeben. Beim Baumarkt, in Cafés, in Supermärkten, auf einem Campingplatz und, und, und… Mein Gespräch bei der Bäckerei war nicht sehr erfolgreich, da die Inhaberin erstens jemanden für mindestens ein Jahr einstellen will und mich zweitens für viel zu jung und unerfahren hält, und so soll ich doch eher zu McDonalds oder Starbucks gehen anstatt zu ihr. ^^ Hinreißend solche Aussagen. Ohne Arbeitserfahrung wird man nicht eingestellt, aber ohne Einstellung fehlt nun mal auch die Erfahrung! Zumindest lief mein Interview fürs Volunteering beim Calgary Philharmonic Orchestra letzten Mittwoch sehr gut und auch im Tower geht alles glatt. Meine Mittagspausen verbringe ich größtenteils damit, Geocaches zu heben, da ich die Herausforderung der 99-Day – Challenge angenommen habe und nun jeden Tag bis hinein in den November einen Cache loggen muss. Na immerhin habe ich Tag fünf schon überstanden und irgendwann werden Tyler und ich auch noch diesen verflixten Cache im Metallpferd einen Block vor dem Tower ausfindig machen.

Naja und so vergeht hier Tag für Tag. Ein paar Tage in der Woche fahre ich in den Tower zum Arbeiten, für die restlichen Tage fehlt mir noch ein Job und am Wochenende unternehme ich etwas. Letztes Mal waren Caren, Marc und ich beispielsweise wieder in Lake Louise campen – ich hasse diesen Scheiß-Zug!! =) Am Samstag sind meine beiden Gasteltern mit der Gondola gefahren und ich blieb unten in der Lodge, da ich dasselbe ja schon ein paar Wochen zuvor gemacht hatte. So unterhielt ich mich währenddessen mit einem Backpacker, der dort arbeitet, und wurde sogleich wieder ein Résumé los. Zudem konnte ich die besten Squirrel-Bilder überhaupt schießen und wie es auch nicht anders kommen konnte, waren an diesem Tag natürlich gleich zwei Grizzlys direkt unter der Gondel auf der großen grünen freien Wiese unterwegs, die man von der Lodge noch gerade so minimal als solche erkennen konnte. Dafür war es auch schön anzusehen, wie eine Braut im langen weißen Kleid und wehendem Schleier zusammen mit ihren Brautjungfern in Kleid und Cowboystiefeln im offenen Sessellift fährt. Auch einen Schwarzbären konnten wir direkt am Straßenrand beim Vorbeifahren noch erhaschen. Am Sonntag war dann Wandern angesagt. Vom touristisch überfüllten Aussichtspunkt auf den einmaligen Peyto-Lake kraxelten wir bis zum Ufer des Sees hinunter und anschließend die ganze steile Strecke wieder hinauf. Diese Reihenfolge der Steigung ist echt grausam, aber das Erlebnis und die verschiedenen Aussichten waren die Anstrengung echt wert. Da Montag Feiertag war, hatten wir noch einen Tag, um Banff unsicher zu machen, bevor ich in meine erste Arbeitswoche startete. So habe ich schon in der ersten Zeit meines Auslandsjahres viele unvergessliche Erlebnisse gesammelt, während ich nun auch lerne, wieso es immer wieder heißt, dass der Mensch das, was er in der Ferne sucht, in der Heimat findet.


Columbian Ground Squirrel














Aussicht auf den Peyto-Lake vom Bow Summit - Aussichtspunkt















am Ufer des Peyto-Lakes















Jenny