Bitte lest nicht den ganzen Text auf einmal, sonst kommt Ihr zu nichts anderem mehr! Nach mittlerweile 42 Tagen in einem fremden Land kommt nur verständlicher Weise einiges Erwähnenswertes zusammen. Viel Spaß beim Lesen! :)
Freitag,
11.07.2014 – Tag 10
Es ist schon
irgendwie merkwürdig. Monatelang bereitet man sich darauf vor – beantragt das
Visum, schließt eine Auslandskrankenversicherung ab, unterschreibt den ersten Arbeitsvertrag,
bekommt eine Abschiedsparty als Überraschung von seinen besten Freunden
organisiert und besucht noch einmal die wichtigsten Leute um Tschüss zu sagen –
und nun ist man plötzlich hier. 7500km von zu Hause entfernt, um ein Jahr lang
Kanada unsicher zu machen und die Herausforderung zu bewältigen, sich selbst
mehr oder weniger mit Gelegenheitsjobs zu finanzieren und dabei Land und Leute
kennen zu lernen. Nun ist diese Vorhaben nach Beendigung meiner 12-jährigen
Schulzeit erst einmal etwas vollkommen Neues und darum sehr merkwürdig.
Noch
seltsamer wird es allerdings werden, wenn auch meine Eltern bald nicht mehr in
meiner Nähe sind, da diese nur für ungefähr drei Wochen Urlaub mitgeflogen sind
und danach wieder ihrem gewohnten Alltag in Deutschland nachgehen. Ich hingegen
werde für den Beginn meiner Zeit hier bei Marc und Caren, Bekannten von uns,
die vor ein paar Jahren nach Kanada ausgewandert sind, nahe der Stadt Calgary
leben. Dort landete letzte Woche Mittwoch auch unser Flieger, der uns von Frankfurt
aus in den Wilden Westen brachte. Fünf Tage verbrachten wir also mit weiteren
Freunden meiner Gasteltern – deutsche Touristen und kanadische Einheimische,
deren kleiner Tochter ich dabei half Deutsch-Vokabeln zu lernen – in der Stadt.
Diese befindet sich seit letztem Wochenende im Ausnahmezustand, da das
alljährliche Rodeo-Festival – die Calgary
Stampede als The Greatest Outdoor Show On Earth – gerade stattfindet. Am ersten
Tag des Festes findet immer eine große Parade statt, an der ich durch meinen
zukünftigen Job bei Tourism Calgary selbst
teilnehmen durfte und für den Calgary
Tower Tausenden an Menschen zuwinkend neben dem Paradewagen mitlaufen
durfte. Dadurch, dass ich diese Erfahrung bereits letztes Jahr schon gemacht
hatte, war es zwar kein extrem überwältigendes Erlebnis mehr, aber dennoch ein
überaus großes Privileg und das erste Mal, dass ich Leute aus den
Zuschauerrängen selber gekannt und erkannt habe. Natürlich gingen wir später
auch noch auf das Festival-Gelände an sich, das man mit einem riesigen Rummel
plus Messehallen vergleichen könnte, jedoch ist hier alles auf die
Cowboy-Tradition bezogen. Und in diesem Look erscheinen dann natürlich auch die
meisten Besucher, egal ob nun Locals oder Touris. Am Ende des Tages stand dann
noch die Grandstand-Show auf dem Programm, eine Show aus Tanz, Gesang,
Akrobatik, Feuerwerk und so Vielem mehr. Wie gesagt: The Greatest Outdoor Show On Earth… Im Vergleich zu den beiden
Vorjahren empfanden wir die Show allerdings als sehr enttäuschend, da einfach
zu wenige Personen auf der zu eindimensionalen Bühne die gleichen Dinge vorführten.
Zuvor hielten wir die Show als einzigartig und atemberaubend in Erinnerung,
doch dieser Eindruck konnte sich leider nicht erhalten. Erwähnen sollte ich
aber auf jeden Fall auch noch das, was vor der Show von statten ging. Es gibt
nämlich auch noch die Planwagenrennen, in denen die Cowboys um hohe Gewinne um
die Wette reiten bzw. fahren. Während dieser sogenannten Chuckwagonraces wurde
auch ein Gewinnspiel mit zwei Zuschauern ausgetragen, bei dem zufälliger Weise
zwei der anderen deutschen Urlauber ausgewählt wurden. Derweil wurden Mama und
ich noch prompt angesprochen, ob wir nicht gerne Tickets für die Ställe der
Planwagen hätten. So konnten wir die Pferde, sowie ihre Reiter und die Wagen
kurz nach den Rennen treffen. Allerdings wurden wir erst ganz kurz vor
Showbeginn hinein gelassen, sodass wir nur fünf Minuten bei den Ställen an Zeit
hatten und auch noch den Anfang der Show verpasst haben. Obendrein hatten die
anderen auch noch ihre Karten auf ihren Sitzplätzen liegen lassen, sodass sie
erst einmal nicht wieder aufs Showgelände gelassen wurden. Neben diesen
Western-Highlights kamen wir in den ersten Tagen auch noch dazu, den Memorial Park und das Lougheed-House in Calgary-Downtown
anzuschauen. Außerdem mussten wir natürlich gleich prüfen, ob es in der Old Spaghetti-Factory noch genauso gut
schmeckt – tut´s – und wir konnten auch schon über einen lokalen Farmers Market
bummeln und in einen richtigen Saloon einkehren.
Seit Montag
sind meine Eltern und ich alleine in unserem gemieteten Wohnmobil unterwegs.
Erstes Highlight auf unserer Campingtour war der Elk Island Nationalpark
nördlich von Calgary, in dem wir geschätzte 100 von dort lebenden 700 Bisons
und einen Bieber gesichert haben. Was für ein Glück wir dabei hatten wurde uns
auch erst wirklich bewusst, als wir am nächsten Tag noch zwei Mal den 1km
langen Bison-Loop entlang fuhren und uns kein einziges Tier über den Weg lief.
Eine weitere unnötige Fahrt machten wir zum Ukrainian
Cultural Historical Village, einer Nachbildung eines kleinen Dorfes der
ersten ukrainischen Einwanderer, das vor allem für jene Touristen relativ uninteressant
ist, die schon einmal dem Heritage Park
in Calgary einen Besuch abgestattet haben und so einen einfachen Vergleich
ziehen können. Von dort aus ging es nach Edmonton, der Hauptstadt Albertas, in
der wir drei Tage verweilten. Allerdings konnten wir als anscheinend etwas
verwöhnte Touristen dieser Stadt auch
nichts wirklich Schönes abgewinnen. Abgesehen vom Churchill-Square ist in Edmonton meiner Meinung nach nicht so viel
zu entdecken. So entschieden wir uns ganz kulturbedacht für eine Besichtigung
der Art Gallery of Alberta, in der
jedoch auch nur ein Minimum an sehenswerten Kunstwerken für uns hing. Eine
positive Sache, die man für Edmonton jedoch erwähnen sollte, ist das aus einer
gläsernen Pyramide bestehende Rathaus mit einem öffentlichen Badepool davor.
Gestern wollten wir uns mit einer Fahrt mit einem Raddampfer auf dem North Sasketchewan River eine weitere
positive Erinnerung an die Stadt schaffen. Leider war das Boot schon zwei Tage
zuvor ausgebucht und wir warteten unwissend eine Stunde lang davor. Dafür
machten wir noch einen längeren Spaziergang zur Altstadt hin und durch sie
durch. Diese war zwar auch nicht sehr sehenswert, aber immerhin konnten wir im
Laufen noch einen Blick auf die vier Pyramiden des Botanischen Gartens werfen
und sind auf einen europäischen Importmarkt getroffen, in dem wir erst einmal
ein paar bekannte Lebensmittel erwarben. Insgesamt könnte man die Altstadt
vermutlich auch als europäisches Ghetto bezeichnen. Heute haben wir die
vermutlich größte „Sehenswürdigkeit“ Edmontons erkundet: die West-Edmonton Mall inklusive
Fahrgeschäften im Galaxyland,
Wasserpark, Seelöwenshow, Themenhotel, Eislaufbahn, Minigolfanlage, Zipline und
natürlich vielen, vielen Shops.
Nachdem wir
uns dort einige Stunden aufgehalten und abgesehen vom Essen wirklich nichts
gekauft, sondern nur gestaunt haben, ging es mit dem Wohnmobil ein ganzes Stück
weiter Richtung Jasper, wo wir das Wochenende mit unserer deutschen Gruppe auf
dem Campingplatz verbringen. Auf dem Weg dorthin haben wir gerade einige Rehe,
ein Bighorn-Sheep und vor allem einen Grizzly-Bären gesehen. Der Bär war
natürlich der Hingucker und somit ist der Tag doch schon erfolgreich.
Immer schön lächeln und winken - Calgary Stampede Parade |
Yahoo - Grüße von meiner Reisebegleitung vom Rodeofestival |
Cowboys im Rennfieber - Planwagenrennen |
frei lebende Bisons im Elk Island National Park |
schöne Abkühlung im Pool vor dem Rathaus von Edmonton |
Erlebniswelt Shoppingcentre - die West Edmonton Mall |
Montag,
14.07.2014 – Tag 13
Der Tag an
dem Deutschland Fußballweltmeister wurde, war der Tag an dem wir eine
Schwarzbärenmutter mit ihren beiden Kleinen am Straßenrand entdeckt haben. Wir
waren gerade auf dem Weg vom Mount Edith Cavell, wo vor unseren Augen ein Stück
vom Angel Glacier in die Tiefe flog, nach Jasper. Dort haben wir zu neunt und
mit weiteren Deutschland-Fans das Spiel gegen Argentinien in einem irischen Pub
gesehen und nein, ich wurde nicht nach meinem Ausweis gefragt.
Anschließend
ging es für uns auf dem Patricia Lake paddeln und in der Stadt habe ich endlich
schöne und gute Wanderschuhe für mich gefunden. Allerdings war es in dem
Outdoor-Geschäft nicht ganz so originell bei ungefähr 35°C Winterklamotten
anzuprobieren. Allgemein ist es schon etwas zermürbend, den ganzen lieben
langen Tag zu köcheln und nachts im Alkoven halb zu erfrieren. Zu aller
Verwirrung fuhren wir dann am Samstag noch zum Columbia Icefield, zu dem wir von der Straße aus hochgewandert
sind, um feststellen zu müssen, dass man nicht einmal mehr ganz bis zum Eis
heran kommt. Leider konnten wir auch nicht sehen, wie weit das Eis seit unserem
ersten Besuch vor neun Jahren zurückgegangen ist, da die Anzeigen der
Jahreszahlen seither vernachlässigt schienen.
Dafür haben wir die neueste Attraktion des Eisfelds erkundet: den Glacier Skywalk. Zwar hat man nur die
Aussicht auf das Eis und hängt nicht direkt darüber, aber ein tolles Erlebnis
ist es schon auf Glas über einem Berghang mit grandioser Perspektive zu laufen.
Heute haben
alle unsere vier Familien, die das Wochenende zusammen gecampt haben, Jasper
verlassen. Meine Eltern und ich wollten eigentlich bis nach Lake Louise fahren
und hatten auch schon einen Campingplatz für heute Nacht gebucht. Aufgrund von
Wildfeuer wurde allerdings die dahin führende Straße zeitweise geschlossen und
so können wir erst morgen früh wieder dadurch fahren. Ein Umweg hätte länger
gedauert, als der Tag lang ist und so sitzen wir hier zu dritt auf einem
Parkplatz mitten in der Wildnis fest. Gut, immerhin gibt es hier einen Shop und
ein Restaurant, jedoch können wir hier nichts wirklich unternehmen. Trost
spenden uns nun die Fotos der drei Schwarzbären, die wir auf dem Weg hierher
gesichtet haben. Alles andere muss bis morgen warten. Allerdings sieht die
weiße Wand, die sich vor uns gebildet hat und die Rocky Mountains fürs Auge
komplett verschwinden lässt, nicht wirklich motivierend aus.
am Baum hängende Schwarzbärenkinder |
überwältigendes Erlebnis auf dem Glacier Skywalk |
Schwarzbären... |
Freitag,
18.07.2014
Wenn dir das
Wetter in Alberta nicht gefällt, warte fünf Minute und es ändert sich. So war
es auch am Montag, als nach einem Gewitter, welches genauso schnell wieder
verschwand, wie es auch gekommen war, die Straße um 21:30 Uhr dann doch noch
geöffnet wurde. So fuhren wir auf einer einsamen Bundesstraße durch die
Rauchschwaden des Wildfeuers nach Lake Louise und verbrachten dort die
folgenden drei Nächte. Wir wanderten am Lake Louise 3,4km hoch zum Lake Agnes Teahouse und zurück und
einmal um den Emerald Lake herum.
Als wir uns
die Takkakaw-Falls anschauen wollten, welches der zweitgrößte Wasserfall Westkanadas
ist, lernten wir Rose kennen. Rose ist ursprünglich von den Philippinen, wohnt
aber in Vancouver und macht gerade einen Rundtrip durch British Columbia, um
all die Wasserfälle zu erkunden. Da es sehr kompliziert ist, mit einem solche
großen Wohnmobil zu dem Wasserfall hinauf zu fahren, fragten wir Leute auf
einem Parkplatz unten, ob sie mit ihrem Auto selbst hochfahren und noch drei
Plätze freihätten. Man kann es ja mal versuchen. Die Chinesen und die Nonne
waren gerade vom Takkakaw zurückgekommen und so sprach ich eben Rose an. Diese
hatte zwar eigentlich in dem Moment nicht vor, den Wasserfall zu besuchen,
hatte jedoch auch nichts Besseres zu tun und so hatte sie auf ihrer Reise mal
ein wenig Begleitung und Unterhaltung. So eine Type trifft man auch recht
selten. Auf dem Rückweg störten wir dann noch eine Art Dachs, der auf der
Straße faulenzte und wieder auf dem Parkplatz angekommen tauschten Rose und ich
noch unsere Kontaktdaten aus, für den Fall, dass ich in meinem Jahr hier
irgendwann Vancouver erreichen sollte.
Am Tag darauf
fuhren wir mit der Lake Louise Gondola,
um von oben eine super Sicht auf den See zu haben. Leider waren von der Gondel
aus keine Grizzlys zu sehen wie erhofft. Dafür erhaschten wir in den letzten
Tagen ein Mountain Goat mit ihrem Kleinen, eine ganze Mountain Goat – Herde,
einen Moose, also einen richtigen Elch, ein paar Rehe, eine Gruppe weiblicher
Bighorn-Sheeps inklusive Nachwuchs, sowie kleine Pikas an dem wie aus dem
Bilderbuch entsprungenen Morain Lake. Zur Erklärung: in Deutschland würde man
zu Mountain Goats eher Bergziege, zu den Bighornsheeps wahrscheinlich
Steinböcke und zur Pika vielleicht Bergmaus sagen. Nur, dass es in Deutschland
längst nicht so viel Wildlife gibt wie in Kanada. Squirrels und Chipmunks
entdeckt man hier sowieso an jeder Straßenecke.
Nach einem
kurzen Besuch in Banff verließen wir dann die Umgebung von Lake Louise wieder,
wo der Zug viermal hupt pro Durchfahrt und das mitten in der Nacht. Weiter ging
es dann vorbei an einigen Wasserfällen und durch eine Schlucht hindurch zu den Radium Hot Springs, in deren heißen
Pools wir erst einmal ein wenig entspannten. Allerdings ist man nach einem Bad
in dem fast 40°C heißen Wasser sehr erschöpft. Natürlich mussten wir dann an
selbigen Abend den einzigen Campingplatz erreichen, zu dem wir fahren, der auch
einen Pool besitzt. ^^ Dieser befindet sich in Fort Steele in British Columbia
und ist somit die einzige Station unserer Reise außerhalb Albertas. Dort
besuchten wir heute die Fort Steele
Heritage Town, ein Freilichtmuseum wie eine Stadt in den 1890ern mit
Ställen, einer Schmiede und einem Bäcker sowie Pferdekutsche, Dampflock und,
und, und… Von den Häusern her ist diese noch authentischer als in Calgary, aber
unbelebter.
Nun fahren
wir Richtung Waterton Lakes Nationalpark zurück nach Alberta und halten
weiterhin Aussicht nach Wildlife. So viele Tiere wie in diesem Urlaub haben wir
noch überhaupt nicht gesehen. Allerdings muss ich eine Aussage meines ersten
Eintrags an dieser Stelle korrigieren, denn
unser erster Bär war wie alle anderen auch ein Schwarzbär und kein
Grizzly, trotz braunen Fells. Aber auch sieben freilebende Schwarzbären sind
ziemlich faszinierend.
eine Fahrt durch Rauchschwaden - Willkommen in Kanada |
Drei Zimmermanns vor den Takkakaw-Falls |
Morain Lake |
Mountain Goats |
Montag,
28.07.2014 – Tag 27
Es hatte dann
doch etwas länger als fünf Minuten gedauert, bis das Wetter wieder besser
wurde. Im Waterton Lakes Nationalpark stürmte es an dem Wochenende so stark,
dass wir alle fünf (Caren und Marc, meine Eltern und ich) befürchteten, unser
Wohnmobil würde nachts einfach umkippen. Abgesehen von dieser Sorge wurde man
dafür bei dem Wind von 70km/h gut in den Schlaf gewogen. Wir trauten uns sogar
eine Schifffahrt bis nach Montana in den USA zu machen, allerdings nur mit
zehnminütigem Aufenthalt und ohne wirkliche Ein- und Ausreise. Bei den hohen
Wellen durch den Sturm wurden wir natürlich gleich mit nass. Ein Highlight
dieser Tour war aber auch unser Moderator an Bord, welcher vom Aussehen und von
der Stimme her dem Sänger Passenger
zum Verwechseln ähnlich schien und uns über den Park sehr genau informierte. So
berichtete er auch, dass die Bisonherden der Umgebung schon lange ausgerottet
wurden und nun nur noch ein paar Tiere im sogenannten Bison-Paddock wieder
eingeführt wurden. Genau diese kleine Herde hatten wir zu Beginn des Tages
besucht, bevor wir zum Geocachen aufbrachen, um vom Nationalpark geprägte
Münzen für zwei Challenges zu ergattern.
Diese bekamen wir in der Waterton Townsite, wo einfach mal ein Reh mit seinem
Kitz durch die Gärten hoppelte. Nichts Außergewöhnliches hier in Kanada, wo die
Bären am Straßenrand auftauchen. So haben wir auf dem Weg zum Cameron Lake Bär
Nummer acht und neun tollend im Wald entdeckt. Ich glaube ich schreibe hier
viel zu viel über Bären, aber es ist einfach immer noch jedes Mal ein
unfassbares Erlebnis einen zu sehen. Mit den beiden Bären in Waterton haben wir
allerdings eher an der Straße zum Red Rock Canyon gerechnet und so waren wir in
dieser Umgebung sehr darauf fokussiert. Hinter einer Bergkuppe starrte uns dann
plötzlich ein Grizzly an. Nach dem ersten Schock mussten wir allerdings
feststellen, dass dies nur ein sehr gut platziertes Schild mit dem Abbild eines
lebensgroßen Bärens war, das seine Wirkung bei uns allen sehr gut erzielt
hatte. Der Red Rock Canyon an sich mit seinem durch Eisen rot gefärbten
Gestein, durch das klares blaues Wasser fließt, umgeben von Bergen und grünen
Nadelbäumen, hatte ebenfalls eine sehr eindrucksvolle Wirkung. Ein weiterer
unserer Anlaufpunkte in Waterton waren die Cameron Falls von denen zeitweise
rotes Wasser fließt, da nach heftigen Regenfällen bestimmte Sedimente aus den
Steinen ausgewaschen werden. Sowas geschieht natürlich nicht jeden Tag, also auch nicht zu dem
Zeitpunkt, an dem wir dort erschienen. Darum waren nach drei Fotos vom
Wasserfall die Columbian Ground Squirrels auch etwas interessanter zu beobachten.
Ein Fuchs lief uns in der Gegend ebenfalls über den Weg. Wenn man schon einmal
in Waterton ist, sollte man sich allerdings nicht die Gelegenheit nehmen lassen
zum Prince of Wales Hotel zu gehen
und die Sicht von der Rückseite auf die Seenlandschaft zwischen den Bergen zu
genießen. Solange man sich dort nicht wegwedeln lässt, kann man in gefühlte
Unendlichkeiten schauen. Den besten Ausblick ergatterten wir allerdings nach der
Wanderung auf den sogenannten Bear´s Hump.
Der kurze, aber relativ steile Weg dort hinauf ist die Sicht allemal wert. Von
1534m Höhe über dem Meeresspiegel auf dem Mount Crandell guckt man auf alle
umliegenden Seen und Berge bis zur USA. Traumhaft!
So verging
unser Wochenende in Waterton also auch sehr schnell. Von dort aus wollten wir
einen halben Tag lang so weit wie möglich fahren, um an unserem nächsten Stopp
mehr Zeit zu haben. So landeten wir abends auf einem Campingplatz im Ort
Scandia mitten im Nichts im strömenden
Regen. Von Scandia aus ging es in den Dinosaur Provincial Park östlich von
Calgary, der dafür bekannt ist, dass Unmengen an Dinosaurier-Fossilen dort
gefunden werden. Abgesehen davon hat der Park eine sehr gegensätzliche
Landschaft zu den Rockies. Tausende Canyons bilden die sogenannten Hoodoos.
Diese bestehen aus Sandstein, der mit der Zeit von Naturerscheinungen wie Wind
abgetragen wird und so bleibt nur noch die relativ stabile obere Schicht übrig,
die die pilzförmigen Figuren entstehen lassen. Um diese zu erkunden, nahmen
meine Eltern und ich an der Explorer´s
Bus Tour teil, in welcher uns ein Guide über die Indianer, die ersten
Siedler, die Fossilfunde, -händler und auch Ausgrabungen informierte. Durch den
starken Regen zuvor kamen wir allerdings nicht sehr weit in die Hoodoos hinein,
wo dann auch die Saurierknochen einfach mal verstreut in der Gegend herum
liegen. Jene Knochen werden nach ihrer Entdeckung und Ausgrabung im Royal Tyrrell Museum in Drumheller
ausgestellt, einer sehr schöne Ausstellung. Wer nach Drumheller hinein fährt
wird sogleich vom World´s Largest
Dinosaur begrüßt. Den 26m hohen Dinosaurier kann man von innen über Treppen
erklimmen, um ihm oben aus dem Maul auf die Stadt zu schauen. Das ist
allerdings auch schon ziemlich alles, was Drumheller zu bieten hat. Papa hat
außerdem seit dem Tag extreme Nackenschmerzen und so fuhren wir wieder zurück
nach Calgary und beendeten dort unsere Wohnmobiltour. Natürlich gab es bei der
Abgabe des Fahrzeugs wieder mit dem gleichen Angestellten wie schon vor zwei
Jahren Stress…
Dafür stand
uns noch ein weiteres Highlight bevor: ein Rundflug über Calgary Downtown vom Springbreak Airport mit einer Cessna. Vor Mama haben wir es bis dato
alle geheim gehalten und als sie erkannt hat, was los ist, wusste sie nicht
recht, ob sie sich über die Überraschung freuen oder doch etwas verängstigt
regieren sollte. Unser Copilot freute sich wahrscheinlich nicht so sehr, als er
zum Ende des Flugs nur noch einen gesunden der drei Passagiere an Bord hatte.
Da es ein Introductory Flight war,
saß ich nämlich auf dem linken Pilotensitz und habe hoch oben in der Luft eine
Zeit lang das Lenken übernommen. So musste ich die Maschine in Richtung Rockies
steuern, was durch den extremen Seitenwind gar nicht so einfach war. Spaß
gemacht hat es aber und Downtown mal ganz weit von oben zu sehen ist auch
wieder eine ganz andere Perspektive gewesen. Somit hatte die Rundreise mit
meinen Eltern noch einen krönenden Abschluss verpasst bekommen. Am Freitag hieß
es dann nämlich auch schon Abschied nehmen, was ein ziemlich trauriges Ereignis
war. Dazu kam dann auch noch der Abschied von Freunden meiner Gasteltern, die
nun von Calgary nach Kelowna ziehen.
Nun geht die
Herausforderung also wirklich los und so folgte gleich Samstag ein weiteres
Highlight. Meine Gasteltern und ich fuhren in den Banff Nationalpark nach Sunshine Meadows, was normaler Weise ein
großes Skigebiet ist. Im Sommer fahren die typisch gelben Schulbusse statt der
Lifte die Touristen dort zu Kanadas schönstem Day-Hike hoch. So wanderten wir
zwischen frechen Squirrels und den schönsten Blumen im Gebirge, bis mir nach
9km irgendwann die Beine kraftlos wurden. Als Belohnung erwischten wir auf der
Rückfahrt dann noch den Schatten meines diesjährigen zehnten Schwarzbären.
Momentan bin
ich ein wenig auf Jobsuche und auf der Suche nach ein bisschen Organisation
sowieso, aber die Dinge werden schon ihren Lauf nehmen.
atemberaubende Sicht im Waterton Lakes National Park |
Royal Tyrrell Museum in Drumheller |
Calgary Downtown von oben |
unbearbeitetes Bild von Sunshine Meadows |
Freitag,
08.08.2014 – Tag 38
Ich weiß gar
nicht mehr, wovon ich zuerst berichten soll. Es sind so viele Dinge passiert,
über die ich schreiben müsste, aber eigentlich habe ich noch damit zu kämpfen,
so lange so weit von meiner Familie und meinen Freunden entfernt zu sein. Dabei
sind hier auch wirklich alle ganz wundervoll zu mir. Kaylee beispielsweise, die
zehnjährige Nachbarstochter, hat mit mir letzte Woche einen kleinen Ausflug in
die Ravinen ganz bei uns in der Nähe gemacht, von wo wir einen wundervollen
Ausblick hatten. Meine Mitarbeiter bei Tourism
Calgary sind auch allesamt sehr liebenswert. Kaitlyn, meine Supervisorin
hat mich am Dienstag und Mittwoch sehr gut eingearbeitet, sodass ich von mir
aus schon am ersten Tag ohne zu zögern die Touristen im Calgary Tower beraten habe und mich gestern nach meinem dritten
Arbeitstag gefragt habe, wieso ich dort eigentlich nicht Vollzeit arbeiten
kann. Auch mit Ann verstehe ich mich, wie letztes Jahr schon, wieder sehr gut.
Die lustigste Zusammenstellung hatte ich allerdings gestern mit Debbie und
Tyler an meiner Seite, welche beide zwei extreme Typen sind, die
unterschiedlicher nicht sein könnte. Auf der einen Seite ist da die
welterfahrene Dame, die auf den teils noch jugendlichen, zerwuselten, aber zielorientierten
Chaoten trifft, der dennoch völlig in seiner Arbeit aufgeht. Und ich
mittendrin… Auch die Mitarbeiter der Firma, die nicht im Visitor Information Centre, sondern im Headoffice arbeiten, habe
ich größtenteils schon kennengelernt. Letzte Woche Donnerstag war ich mit Caren
dort, um noch einige Unterlagen abzugeben und eigentlich ihr mal ein wenig bei
der Arbeit über die Schulter zu schauen, doch der Tag lief irgendwie sowas von
schief, dass daraus nicht so viel wurde. Zu frühes Aufstehen bekommt mir
definitiv nicht. ;) Dafür konnte ich nachmittags noch kostenlos an einer
Segway-Tour teilnehmen. Da diese Touren als Art Stadtführungen neu in Calgary angeboten
werden, wurde dabei natürlich auch einiges über die Sehenswürdigkeiten wie den Tower erzählt. Wenn man allerdings eine
Tour mit lauter Leuten aus der Tourismus-Branche macht, kann einem dabei nicht
mehr viel Neues und Unbekanntes einfallen. :D Am Dienstag wurde ich dann gleich
eingeladen mit einigen Mitarbeitern die Galleria
Ingelwood zu erkunden, während der Arbeitszeit. Gestern traf ich viele der
Gesichter beim Wasserski-Contest wieder, zudem Caren, Marc und ich gefahren
sind. Eine von Carens Cheffinnen hat gegebenenfalls sogar noch ein Jobangebot
für mich. Sonst sieht die Jobsuche insgesamt noch nicht so prickelnd aus. Ich
bin heute schon den zweiten Tag komplett durch Cochrane geradelt und habe
gefühlte tausende Bewerbungen abgegeben. Beim Baumarkt, in Cafés, in
Supermärkten, auf einem Campingplatz und, und, und… Mein Gespräch bei der
Bäckerei war nicht sehr erfolgreich, da die Inhaberin erstens jemanden für
mindestens ein Jahr einstellen will und mich zweitens für viel zu jung und
unerfahren hält, und so soll ich doch eher zu McDonalds oder Starbucks gehen
anstatt zu ihr. ^^ Hinreißend solche Aussagen. Ohne Arbeitserfahrung wird man
nicht eingestellt, aber ohne Einstellung fehlt nun mal auch die Erfahrung!
Zumindest lief mein Interview fürs Volunteering beim Calgary Philharmonic Orchestra letzten Mittwoch sehr gut und auch
im Tower geht alles glatt. Meine Mittagspausen verbringe ich größtenteils
damit, Geocaches zu heben, da ich die Herausforderung der 99-Day – Challenge
angenommen habe und nun jeden Tag bis hinein in den November einen Cache loggen
muss. Na immerhin habe ich Tag fünf schon überstanden und irgendwann werden
Tyler und ich auch noch diesen verflixten Cache im Metallpferd einen Block vor
dem Tower ausfindig machen.
Naja und so
vergeht hier Tag für Tag. Ein paar Tage in der Woche fahre ich in den Tower zum
Arbeiten, für die restlichen Tage fehlt mir noch ein Job und am Wochenende
unternehme ich etwas. Letztes Mal waren Caren, Marc und ich beispielsweise
wieder in Lake Louise campen – ich hasse diesen Scheiß-Zug!! =) Am Samstag sind
meine beiden Gasteltern mit der Gondola
gefahren und ich blieb unten in der Lodge, da ich dasselbe ja schon ein paar
Wochen zuvor gemacht hatte. So unterhielt ich mich währenddessen mit einem
Backpacker, der dort arbeitet, und wurde sogleich wieder ein Résumé los. Zudem
konnte ich die besten Squirrel-Bilder überhaupt schießen und wie es auch nicht
anders kommen konnte, waren an diesem Tag natürlich gleich zwei Grizzlys direkt
unter der Gondel auf der großen grünen freien Wiese unterwegs, die man von der
Lodge noch gerade so minimal als solche erkennen konnte. Dafür war es auch
schön anzusehen, wie eine Braut im langen weißen Kleid und wehendem Schleier
zusammen mit ihren Brautjungfern in Kleid und Cowboystiefeln im offenen
Sessellift fährt. Auch einen Schwarzbären konnten wir direkt am Straßenrand
beim Vorbeifahren noch erhaschen. Am Sonntag war dann Wandern angesagt. Vom
touristisch überfüllten Aussichtspunkt auf den einmaligen Peyto-Lake kraxelten
wir bis zum Ufer des Sees hinunter und anschließend die ganze steile Strecke
wieder hinauf. Diese Reihenfolge der Steigung ist echt grausam, aber das
Erlebnis und die verschiedenen Aussichten waren die Anstrengung echt wert. Da
Montag Feiertag war, hatten wir noch einen Tag, um Banff unsicher zu machen,
bevor ich in meine erste Arbeitswoche startete. So habe ich schon in der ersten
Zeit meines Auslandsjahres viele unvergessliche Erlebnisse gesammelt, während
ich nun auch lerne, wieso es immer wieder heißt, dass der Mensch das, was er in
der Ferne sucht, in der Heimat findet.
Columbian Ground Squirrel |
Aussicht auf den Peyto-Lake vom Bow Summit - Aussichtspunkt |
am Ufer des Peyto-Lakes |
Jenny