Sonntag,
08.03.2015 – Tag 250
Ich habe schon ein paar Tage
gebraucht, um mich wieder an das hektische Stadtleben zu gewöhnen. Für den März
bin ich bei Livia, Krischan und Henrik in Vancouver untergekommen und das
WG-Leben macht echt Spaß. Als ich am Freitag hier angekommen bin, sind wir
erstmal schön essen gegangen und letztens waren wir alle im noblen Restaurant,
in dem Livia und Krischan arbeiten. Ansonsten gibt es immer wen, der Nachtisch
für alle zubereitet und wir kommen super miteinander aus. So habe ich auch kein
Problem damit vier Wochen bei ihnen im Wohnzimmer zu schlafen. Vom Apartment
aus brauche ich nur fünf Minuten bis zum Strand und so haben Henrik und ich
dort gestern einfach mal Abendbrot gegessen und er war sogar im Wasser, was
wirklich kalt war und ich habe erstmal meinen Schuh am Strand verloren (aber
schließlich doch wieder gefunden). Dafür war der Sonnenuntergang echt traumhaft
schön. Abends spielen wir zu viert auch öfter noch Karten oder quatschen bis in
die Nacht, was nicht so sinnvoll ist, wenn alle am nächsten Morgen wieder früh
raus müssen. Die Lage der Wohnung am Meer aber trotzdem in Downtown ist echt
super, aber die blöden Bettkäfer nerven gewaltig und so habe ich unzählige
Bisse an meinem Armen. Unter anderem deshalb werde ich die Wohnung auch nicht übernehmen,
wenn Livia und Krischan ausziehen. Ich hatte mir auch ein paar Räume zur
Untermiete hier angeschaut, aber entweder waren mir die Mitbewohner ein
bisschen sehr suspekt, ich mag die Lage nicht oder kann es mir einfach nicht
leisten. Nachdem ich nun aber auch einen Parkplatz im gleichen Gebäude wie die
Wohnung hier bekommen habe, halte ich es aber ganz gut auf der Couch aus und
nach dem Monat werde ich sowieso erst einmal sehen, ob ich hier bleiben möchte
oder wohin es dann gehen soll. Parken und Autofahren in der Stadt macht auch wirklich
keinen Spaß und im Parkhaus habe ich erst einmal gleich den nächsten
unberechtigten Strafzettel bekommen, den ich mal wieder nicht zahlen musste.
Erstmal fein essen gehen! |
Sonnenuntergang am English Bay |
Nachtisch für alle! |
Dafür war es relativ einfach in
Vancouver einen Job zu finden. Ich habe ein paar Bewerbungen in der beliebten
Einkaufsstraße Robonstreet abgegeben und in weniger als zwei Stunden war ich
beim Smoothie-Shop Jugo Juice angestellt. So konnte ich bei dem Franchise-Unternehmen
direkt am Montag anfangen. Ein paar der Mitarbeiter verhalten sich leider so,
als ob sie überhaupt keine Neuen dort haben wollen, aber der Job macht
ansonsten Spaß. Ich mixe und trinke den ganzen Tag Smoothies, presse die
frischen Säfte und stehe an der Kasse. Der Chef Kal und zwei seiner
Familienmitglieder kommen aus Indien und unterhalten sich so erstmal auf
Indisch, was wirklich irgendwie unhöflich auf der Arbeit ist und Savi kommt
zudem immer im Jogginganzug. Die Chinesin Magret hat leider keine Ahnung davon,
wie man jemand ausbildet. Olesia, die aus der Ukraine geflohen ist, nimmt das
schon etwas ernster aber macht einem teilweise auch wirklich das Leben schwer.
Was sie erwartet, ist einfach nicht in den ersten Tagen zu schaffen. Am Freitag
habe ich noch zwei relativ neue Mitarbeiter kennengelernt, die das haargenauso
sehen. Alex aus Venezuela ist seit ungefähr einem Monat dabei und studiert hier
in Vancouver. Die Kolumbianerin Dana hat erst am Freitag angefangen zu arbeiten
und dabei musste ich feststellen, was ich schon alles in den ersten fünf Tagen
gelernt hatte.
Mein neuer Arbeitsplatz |
Robson Square - mein Lieblingspausenplatz |
Bevor morgen schon meine zweite
Arbeitswoche anfängt, habe ich das Wochenende in vollen Zügen genossen. Heute
war ich im Capilano Suspension Bridge Park. Dort überquerte ich eine große und
sehr, sehr wacklige Hängebrücke über den Capilano Canyon, lief auf einem Weg
auf Höhe der Baumspitzen und auf einer kleinen Art Skywalk ähnlich wie auf dem
Icefield Parkway, einfach mal in der Luft hängend. Auch wenn ich das alles noch
ein kleines bisschen von vor zehn Jahren in Erinnerung hatte, war es ein
schöner Abschluss der letzten Woche.
Die wacklige Capilano Suspension Bridge |
Den Sonntag zuvor habe ich
übrigens Rose und Joy wiedergesehen, weil sie zu einer kleinen Feier eingeladen
hatten. Klein war allerdings relativ, da ich von ungefähr zwanzig Filipinos mit
schreienden Kindern in ihrer kleinen Wohnung umgeben war. So habe ich natürlich
kaum ein Wort verstanden, aber es war schön, die beiden wieder zu sehen. Dafür
mussten wir alles probieren, was an philippinischem Essen da war und waren am
Ende des Abends so gefüllt von den unterschiedlichsten Reisgerichten. Der Abend
war mal wieder etwas ganz anderes, obwohl ich die philippinische Kultur zuvor
ja schon ein bisschen kennengelernt hatte. Filipinos sind definitiv sehr
lebhaft und so wurden Joy, die für einen Monat in ihrer Heimat Urlaub gemacht
hat, und Rose´ Mutter, die an dem Tag offiziell nach Kanada eingewandert war,
ordentlich willkommen geheißen.
Freitag, 20.02.2015 – Tag 262
Am frühen Abend meines letzten
Eintrages wurde mir dann auch berichtet, dass die Uhren eine Stunde vorgestellt
wurden und wir so schon wieder Sommerzeit haben. Zum Glück hatte ich an dem
Sonntag frei, sonst wäre das auf Arbeit nicht so lustig gewesen. Im Jugo-Juice
arbeite ich nun meist mit Deepie zusammen, die eigentlich in der Lokation in
Yaletown angestellt ist und bei uns nur aushilft. Sie kommt auch aus Indien,
ihr ist irgendwie ständig kalt und mit ihr komme ich eigentlich richtig gut
klar. Allerdings kann ich mittlerweile auch mit den meisten anderen gut
zusammen arbeiten. Heute war richtig viel los und die Kunden haben uns die Bude
eingerannt. Das lag vor allem an dem schönen Sommerwetter. Außerdem haben wir
ab heute einen neuen Smoothie und ein neues Sandwich im Angebot, jedoch
schmeckt der Dattel-Smoothie nicht so sonderlich im Vergleich zur restlichen
Auswahl. Letzte Woche wurden wir auch vom Headoffice kontrolliert, da Jugo
Juice ja ein Franchise-Unternehmen ist und da ja auch alles so laufen muss, wie
die Chefs das wollen. Insgesamt hat unser Standort nicht so gut abgeschnitten,
aber zum Glück hatte ich mit keinem Kritikpunkt was zu tun. Ich musste der
Kontrolleurin nur einen Saft pressen, der geschmeckt hat und wusste auch wo die
Bleicheteststreifen sind.
Die Vorteile meines Jobs genießen |
Letzten Freitag war ich dann von
der Arbeit richtig, richtig genervt und war echt froh, als Livia, Krischan und
Henrik mich abholen kamen und wir zusammen Gelato essen im anderen Standort
ihres Lokals waren. So ist schon ein gewisser Alltag aus Arbeit und dem Leben
in der WG entstanden. Die Wohnung teilen wir uns inzwischen übrigens auch noch
mit einer Maus, die natürlich immer nur wir Mädels entdecken.
Am Samstagabend bin ich noch in
den Stanleypark gefahren, wo ich einen tollen Blick auf die Skyline von
Vancouver bei Nacht hatte und dann den Schuss von der 9o´clock gun miterlebt
habe, einer Kanone, die jeden Abend um 21:00 Uhr losgeht. Die hat richtig
Funken gesprüht und der Knall hat durch die ganzen Hochhäuser von Downtown
viermal wieder gehallt.
Die Stanleypark-Kanone mit Blick auf Vancouovers Skyline |
Am Sonntag habe ich zufällig auf
meinem Weg zum Seabus etwas von der großen St. Patricksday-Parade um den Robson
Square gesehen, was auch echt lustig war. Alle Leute ziehen in grün durch die
Straßen und feiern die Iren. Mit dem Seabus fuhr ich dann nach North-Vancouver,
um mit Rose zum Lighthouse-Park zu fahren. Da waren wir im Wald bei leider sehr
regnerischem Wetter mal wieder ordentlich wandern und geocachen. Mal wieder so
aktiv in der Natur zu sein hat mir nach der Arbeitswoche auch wirklich gut
getan. Außerdem hatten wir einen schönen Blick auf den Leuchtturm und die
steile Küste mit dem weiten Meer, das für unsere Augen durch das diesige Wetter
leider ein wenig eingeschränkt war. Am Dienstag war ich dann sehr verwirrt, da
alle Kunden uns auf Arbeit mit einem fröhlichen „Happy St. Patricksday!“ begrüßt
haben, obwohl ich ja durch die Parade dachte, dass dieser Tag schon am Sonntag
gewesen war.
In the woods again ;) |
Gestern hatten wir dann fast alle
frei und haben einen faulen Tag genossen, bevor Livia, Krischan, ihr
französicher Kollege Pierr und ich in das Biltmore Cabarett zu einem Konzert
von einer Band namens „Limb Lifters“ gegangen sind, obwohl wir die gar nicht
kannten. Dazu sind wir durch eine relativ lustige Story gekommen, da Pierr ganz
aufgeregt war, weil dort „The Passenger“ als Gast auftreten sollte. Dieser war
allerdings nicht der, für der er ihn hielt, sondern ein schlechter DJ. Die
andere Vorband, eine gruselige Rockband, war auch nicht gerade besser, aber der
Hauptakt hat uns wirklich überzeugt und so hatten wir zu viert noch einen
lustigen Abend. Heute konnte ich glücklicherweise auch ausschlafen und habe
erst am Nachmittag angefangen zu arbeiten, wobei mir meine „Lieblingskollegin“
das Schließen beibringen durfte.
"Limblifters" |
Montag, 30.03.2015 – Tag 272
Eins der Dinge, die ich unbedingt
in Vancouver machen wollte, wenn ich hier für eine längere Zeit bleibe, war ins
Vancouver Aquarium zu gehen, welches mitten im Stanley Park liegt. Zehn Jahre
nachdem ich das erste Mal dort die Seeotter und Belugawale bestaunt habe,
machte ich mich letzten Samstag also zu einem erneuten Besuch auf und fühlte
mich wieder wie das 9jährige Kind von damals. Seeotter sind einfach die
niedlichsten Tiere überhaupt. Mit ihren kleinen Pfoten machen sie teilweise
fast menschliche Bewegungen und wenn sie essen, nutzen sie ihren Bauch als Esstisch.
Ich könnte ihnen einfach stundenlang beim Spielen zu schauen. Die Belugas waren
auch wieder da, nur hatte ich sie etwas größer in Erinnerung. Das sind
irgendwie eigenartige Tiere mit einer ganz eigenartigen Körperform, wie ich
finde. Zudem konnte ich die Pacific White-Sided Delfine, die eine Farbgebung
wie Pinguine haben, in einer kleinen Show bewundern, den Pinguinen selbst beim
Watscheln und Schwimmen zu sehen und erfahren, wie die beiden Schweinswal am
Strand von Tofino gerettet wurden. Im Gebäude drinnen war die gesamte
Unterwasserwelt von British Columbia dargestellt, aber es gab auch ein
Tropenhaus mit Faultieren, Krokodilen und verschiedenen tollen Schildkröten. An
jeder Ecke waren Quallen zu finden und ein riesiger Oktopus hat großes Aufsehen
erregt. Ein weiteres Highlight war auch das 4D-Kino, in dem ein Film über
frühere Seemonster gezeigt wurde und ein heftiger Pieks in den Rücken nochmals
schön unterstützt hat, wie der Hai einen frisst. Ich glaube alleine an meiner
Erzählung ist zu merken, wie dieser Ort mich insgesamt begeistert.
Putzige Seeotter im Vancouver Aquarium *-* |
Und auch die Belugas haben allen Besuchern große Freude gemacht. Einem ganz besonders^^ =P |
Da an dem Tag mal wieder so ein
bombastisches Wetter herrschte und ich sowieso zu Fuß unterwegs war, habe ich
dann auch noch eine Weile am Strand verbracht. Es ist einfach so ein Luxus
innerhalb von ein paar Minuten aus dem turbulenten Stadtleben ans Meer oder in
den Park entfliehen und die Sonne genießen zu können.
Stadt zwischen Meer, Strand und Bergen |
Am Tag darauf sah das schon
wieder ganz anders aus, da ich spontan die Information bekommen hatte, dass ich
doch bitte schon zwei Stunden früher mit Arbeiten anfangen sollte. So musste
ich in Windeseile noch zur Waterfront auf der anderen Seite Downtowns hetzen, um
zumindest mal einen Blick auf das erste Kreuzfahrtschiff werfen zu können, das
in dieser Saison in Vancouver anlegte.
Einer meiner Lieblingsplätze der Stadt - Canada Place und Harbour Centre |
Promenade an der Waterfront |
Dies war ungeplanter Weise meine
vorerst letzte Arbeitsschicht, da ich seit Anfang der Woche mit einer
anstrengenden Infektion im Bett liege. Zuerst hatte ich furchtbare Hals, Ohr-
und Kopfschmerzen. Also wollte ich zum Arzt, aber an dem Tag war es gar nicht
so einfach eine Praxis zu finden, die auch nicht registrierte Patienten annimmt
und nicht überfüllt war. Also landete ich schließlich in der Notaufnahme vom
St. Pauls Hospital, wo ich dann auch untersucht wurde. Für vier Tage war ich dann
krankgeschrieben und mittlerweile habe ich schon wieder etwas mehr Energie und
Balance. Schlafen kann ich leider überhaupt nicht, da ich nachts keine Luft
bekomme und ständig Hustenanfälle habe. Livia und Krischan tun mir schon voll
leid, da ihr Zimmer ja auch nur mit einem Vorhang von mir abgetrennt ist. Dann
war erstmal mein rechtes Ohr irgendwie halb taub und meine Augen schwollen mega
doll an. So war ich mittlerweile nun schon dreimal beim Arzt und wurde dort
sogar auch rangenommen. Da ich zum Ende des Monats gekündigt habe, habe ich nun
wahrscheinlich schon meine letzte Schicht gearbeitet.
Gestern war ich noch einmal ein
bisschen mit Rose an der frischen Luft. Wir sind nach Burnaby gefahren und um
einen kleinen See gewandert, wo wir auch noch ein paar Geocache gefunden haben.
Dennoch war der Monat in
Vancouver eine tolle Zeit und ich habe das Leben im Apartment und der Stadt
wirklich genossen. Der Job hat auch Spaß gemacht, auch wenn dabei auch wieder
einige Herausforderungen auf mich zukamen. Jedenfalls habe ich viele Smoothies
getrunken und auch einmal das WG-Leben kennengelernt.
Blütenpracht von Vancouver |
Jenny