Dienstag 16.06.2015 – Tag 350
Mit dem gemieteten Wohnmobil ging es für meine Eltern
und mich auf große Tour. Unsere erste Station war die Stadt Niagara Falls.
Unser Campingplatz war mir viel zu touristisch. Demzufolge hätte ich erwartet,
dass auch die Niagarafälle an sich extremst touristisch und von Menschenmassen
überfüllt wären, nach allem was ich bisher gehört hatte. Allerdings war es
verglichen zu meiner Vorstellung gar nicht mal so schlimm. Dafür waren die
Fälle umso beeindruckender. Ich habe noch nie zuvor so große Wassermassen mit
solcher Kraft herunterstürzen gesehen. Die Gischt, die das Wasser hervorrief,
verdeckte die halben Fälle und ließ einen Regenbogen entstehen. Die Grenze
zwischen Kanada und der USA liegt direkt im Niagara River und so gehören die
Horseshoe Falls zur Kanadischen Seite und die American Falls zu den Staaten.
Wir haben eine kleine Bootsfahrt zum Fuß der Wasserfälle gemacht, auf der wir
die Wassermassen nicht nur gesehen, sondern auch deutlich gespürt haben. Dafür
bekamen alle Passagiere ein knall rotes Regencape. Zum Glück wurde das Wetter
im Laufe des Tages immer besser und wir sind nur vom Wasser der Niagara Falls
nass geworden.
Horseshoe Falls bei gutem Wetter |
Die Stadt Niagara hat viele
verschiedene Themenparks und wird teilweise als das Las Vegas von Kanada
bezeichnet. Wir entscheiden uns dafür, das Marine Land zu besuchen. Leider
spielte das Wetter mal wieder überhaupt nicht mit. Dennoch brachten uns die
vielen Beluga Wale, die Papa füttern konnte, viel Freude. Außerdem gab es eine
mittelmäßige Delfinshow und sehr unnatürliche, sich menschlich bewegende
Schwarzbären. Mich haben am meisten die Fahrgeschäfte begeistert, wenn auch im
strömenden Regen.
Abends fuhren wir noch einmal zu
den Wasserfällen der Stadt, welche im Dunkeln in den verschiedensten Farben
angestrahlt werden. Außerdem gab es ein Feuerwerk Leider hat man weder die
Niagara Falls noch das Feuerwerk richtig sehen können, da die Sicht vom Nebel,
dem Wasserdunst der Fälle und dem Rauch des Feuerwerks ziemlich verschleiert
war. So hörten wir nur das Rauschen des Wassers, das Knallen der Böller und der
Himmel färbte sich ab und zu mal bunt. So entstand etwas das Gefühl vom
Weltuntergang wenn dann doch mal einige Funken in der farbigen Wolkenwand
auftauchten. So hatte das Ganze trotzdem irgendwie etwas Imposantes.
American Falls bei Nacht - für drei Minuten mal sichtbar |
Nach einer Nacht auf dem
Parkplatz sind wir gestern die meiste Zeit des Tages gefahren. Von Niagara
Falls ging es 400km lang über Toronto nach Kingston. Allein von der Straße aus
ist erkennbar, wie unterschiedlich die Natur in Ontario zu der im Westen ist.
Zunächst mal gibt es ganz viel Wald. Die Bäume sind nicht sonderlich groß wie
auf Vancouver Island beispielsweise. Hier gibt es eher niedrigen, aber sehr
dichten Buschwald, der in einem sehr hellen grün die Umgebung aufhellt. Durch
diese Vegetation sind wir vorhin mit einem Ausflugsdampfer auf dem St. Lawrence
River im Gebiet der 1000 Islands, von denen es sogar fast doppelt so viele
gibt, unterwegs gewesen. Es gibt einige größere Inseln, aber die meisten sind
einfach nur winzig und niedlich. Viele davon sind im Privatbesitzt, mit einem
kleinen Häuschen darauf und einer Anlegestelle für das Motorboot oder das
private Wasserflugzeug. Nur einige Inseln sind als Nationalpark für die
Öffentlichkeit ausgeschrieben. Wir sind nur drei Stunden durch die
Insellandschaft durch gefahren, was sehr schön und vor allem zur Abwechslung
mal sehr erholend war. Auf der Weiterfahrt haben wir außerdem den 1000 Islands
Tower besichtigt und von dort einen Überblick über dieses Paradies gehabt.
Nach der stundenlangen Fahrt
gestern machten wir einen Stadtrundgang durch Kingston. Wie wir im Rathaus
gelernt haben, hat die Stadt eine große historische Bedeutung. Als Kanada noch
nur aus den östlichen Provinzen bestand, war Kingston kurzzeitig die Hauptstadt
des Landes, bevor sie von Ottawa abgelöst wurde. Zudem stammt der erste
Premierminister John A. Macdonald aus Kingston. Das große weiße Rathaus mit dem
Confederation Park davor an dem kleinen Bootshafen ist wahrscheinlich schon
fast alles, was man sich als Touri in der Stadt mal angeguckt haben sollte.
Dennoch sind wir etwas durch die Nebenstraßen gelaufen, sind an einigen Häusern
aus der Hauptstadtzeit vorbeigekommen und haben zwei schöne Kirchen gesichtigt.
Insgesamt scheint es, als ob die Stadt sich nicht ganz sicher ist, ob sie
lieber amerikanisch oder europäisch sein will. Auf jeden Fall kann man gerne einen
Tag zum Schlendern in Kingston verbringen und sich die älteren Gebäude
anschauen und die Kleinstadtatmosphäre genießen. Für die nächste Nacht hatten
wir das Wohnmobil wieder an einem Parkplatz direkt am Wasser abgestellt.
Freitag, 19.06.2015 – Tag 353
Die letzten zwei Tage haben wir
in der Landeshauptstadt Ottawa verbracht. Im Vergleich zu unserem Städtetrip
hierher vor fünf Monaten ist es nun ungefähr 60°C wärmer. Ottawa hat nicht
sonderlich viele Attraktionen und ist im Vergleich zu Toronto eine sehr ruhige
Stadt. Ich stimme dem Blogeintrag meiner Zimmergenossin Rebecca aus dem Planet
Traveler Hostel vollkommen zu: „Ottawa is not flashy and bright. It´s not Berlin or Paris; it doesn´t
have to be; it´s just: Ottawa. And that´s perfectly fine.”
Zudem hielt die Stadt eine
Überraschung für mich bereit, die sie sofort sehr sympathisch machte, als wir
am Mittwoch am Parlamentsgebäude ankamen.
Einmal in der Woche wird auf der großen Wiese davor eine Yogastunde für
die Öffentlichkeit veranstaltet. Über tausend Menschen finden sich in ihrer
Mittagspause zusammen und folgen der Anleitung, die die Yogalehrerin durch die
Lautsprecher gibt. Spontan habe ich mich all den Menschen angeschlossen. Die
Yogarunde war zwar etwas größer als gewohnt, aber die Übungen waren mir bekannt
und es ist echt motivierend sie mit so vielen Leuten zusammen auszuführen.
Ansonsten haben wir drei die
Stadt zu Fuß erkundet. Wir schauten vom Peace Tower des Parliament Buildings
auf Ottawa, liefen etwas am Rideau Canal entlang, aßen zu Mittag im ByWard
Market und waren abermals in der Notre Dame und an der National Gallery
gegenüber. Auf der Sparksstreet, die an die Stephen Avenue von Calgary
erinnert, fand ein sogenanntes Ribfest statt. Verschiedene Stände standen im
Wettbewerb um die leckersten Rippchen der Stadt. Zumindest war das Ganze etwas
authentischer als das Mac & Cheese Festival.
Gestern Nachmittag war der
Eintritt in das große Museum der Zivilisation, in das wir ja schon im Januar
wollten, kostenfrei. Die Ausstellung über die Natives war nicht gerade sehr
aufregend, da mir diese Exponate zumeist schon aus British Columbia bekannt
waren, zumal sie da nicht nachgestellt
gewesen waren. Die temporären
Ausstellungen über die Gründung Kanadas und den Nationalhelden Terry Fox, der
mit einem künstlichen Bein durch das Land rennen wollte und es nur bis durch
Ontario geschafft hatte, haben mich dann schon mehr interessiert.
Der eigentliche Grund, für den
wir nochmals nach Ottawa gekommen sind, war die Fußballweltmeisterschaft der Frauen.
Auf ein paar französische und deutsche Spielerinnen sind wir schon vor dem
Regierungsgebäude getroffen. Gut für die Stimmung ist es natürlich, dass von so
ziemlich jeder Teilnehmernation auch einige Auswanderer in Kanada leben.
Allerdings war die Zuschauerzahl im Vergleich zum Baseball geradezu lächerlich.
Immerhin war das erste Spiel zwischen Frankreich und Mexiko, für das wir Karten
hatten, spielerisch richtig gut und Frankreich hat sich mit einem 5:0 ins
Achtelfinale geschossen. Das zweite Spiel zwischen Spanien und der Republik
Korea hat dann schon mehr dem Klischee von Frauenfußball entsprochen. Das
gesamte Spiel lang passierte nichts, aber nachdem Spanien den Ausgleich mit
einem Elfmeter an die Latte in der letzten Minute nicht erzielte und das Spiel
somit 1:2 ausging, herrschte eine Stimmung im Stadion, als wäre Korea gerade Weltmeister geworden.
Das waren unsere Tage in Ottawa
und nun geht es raus aus Ontario in die Provinz Quebéc.
Ich wurde mal eben vor dem Parlamentsgebäude und hunderten Yoga machenden Menschen vor dem Parliament Building mit den deutschen Spielerinnen fürs deutsche Fernsehen gefilmt. |
Jenny