Dienstag, 14.04.2015 – Tag 287
Von Vancouver aus ging es zurück
ins Innere der Provinz British Columbia nach Kelowna. Dort hatte ich eigentlich
nur geplant, eine Nacht zu verbringe, doch das blieb dann nicht so ganz dabei.
Ich checkte erst einmal im Kelowna International Hostel ein welches einfach
super schön ist. An den Wänden stehen allerhand schöne Sprüche und hier gibt es
jeden Morgen kostenlose Pancakes, die man sich allerdings selber braten darf.
Am ersten Abend machte ich mich auf den Weg zum See die Straße hinunter und
habe dort einen Spaziergang gemacht. Der See ist wirklich riesig und es war
sehr schön, die Sonne hinter den Bergen verschwinden zu sehen. Außerdem habe
ich eine Eule gesichtet, bei der man in der Dämmerung jedoch nicht sagen konnte,
ob sie echt war oder nicht.
Sonnenuntergang am Okanagan Lake |
Zurück im Hostel habe ich meine Zimmergenossin für
die Nacht kennengelernt, die einen bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen
sollte. Ronda aus Texas hat mir ihre wirklich extreme Lebensgeschichte
berichtet, obwohl sie mich kaum kannte und ist überzeugte Christin. So hat sie
mir viel über Religion und Gott erzählt und wir saßen noch bis Mitternacht bei
McDonalds und haben in der Bibel gelesen. Wahrscheinlich zum ersten Mal habe
ich darin überhaupt etwas verstanden. Zwar war die Situation schon irgendwie
etwas absurd und ich war nach der langen Autofahrt auch etwas sehr geschafft,
aber solch interessante Abende erlebt man nur selten. Sehr interessant war auch
einfach, dass ich gerade von der religiösen Farm gekommen bin und nun auf eine
weitere überaus religiöse Person getroffen bin. Am Morgen machten wir zusammen
noch einen kleinen Ausflug zum Knox Mountain, von wo wir eine atemberaubende
Aussicht auf Kelowna, den Okanogan Lake und die darumliegenden Berge genießen
konnten. Anschließend mussten wir uns schon verabschieden und ich entschied
mich, doch ein wenig länger in der schönen Stadt zu bleiben.
Aussicht von Mount Knox |
Nun bin ich seit ungefähr einer
Woche hier auf Arbeitssuche. Das stellt sich allerdings als schwieriger heraus
als gedacht, da mein Visum nur noch drei Monate gültig ist und die Arbeitgeber
lieber Leute einstellen, die länger bleiben können. Allerdings ist das
Verteilen von Bewerbungen auch gar keine so schlechte Möglichkeit um den
Stadtkern zu erkunden und die Promenade mit der kleinen Marina am See ist auch
wirklich schön. Hier ist einfach mal die Hälfte der Leute mit einem Skateboard
unterwegs und das ist unter anderem eine Sache, die der Stadt einfach diesen
ungewöhnlichen und lässigen Flair gibt, ganz abgesehen von der Landschaft
natürlich. Gestern habe ich einen Job auf einem Weinberg ausprobiert, musste
allerdings nach drei Stunden aufgeben, da ich einfach zu fertig und die Arbeit
für mich zu körperlich anstrengend war. Es ging quasi darum zwischen den
unzähligen Reihen die Sträucher und Stöcker weg zu harken und das war alles Für
acht Stunden am Tag, fünf Tage die Woche. Ich war nach den ersten fünf Minuten
schon komplett erschöpft. Der eine Typ, der schon seit ein paar Monaten dabei
ist, meinte, dies sei die anstrengendste Aufgabe von allen und wenn man das
kann, kann man auch alles andere. Blöd war nur, dass diese Aufgabe, die nächste
Zeit lang andauern wird und so wurde meine Motivation dadurch nicht wirklich
größer. Es fiel mir wirklich nicht leicht so früh schon aufzugeben, aber es
ging einfach wirklich nicht. Als ich gekündigt habe, wurde mir noch mitgeteilt,
dass ich länger durchgehalten habe, als die meisten anderen. Nach drei Stunden!
Das muss man sich mal überlegen… Als ich noch auf dem Weinberg ins Auto
gestiegen bin, habe ich einen Anruf vom Starbucks in der Nähe des Hostels und
eine Einladung zum Vorstellungsgespräch bekommen. Von daher war es ja gar nicht
so schlecht, dass ich den Job genau in dem Moment aufgegeben hatte. So schlug
ich noch am gleichen Tag beim Starbucks auf. Dieser war allerdings aufgrund
eines Überfalls einfach mal kurzzeitig geschlossen und von der Polizei besetzt,
sodass mein Gespräch erst einmal verschoben wurde.
Auf einem der vielen Weinberge der Umgebung |
So habe ich in den letzten Tagen
mehr Zeit um was mit meinen Mitbewohnern aus dem Hostel zu machen. In der
ersten Woche hatte ich hier so gut wie jeden Tag ein neues Mädchen als
Zimmergenossin. Darunter war abgesehen von Ronda eine Asiatin aus Kamloops,
eine belgische Mutter mit Tochter, eine merkwürdige Kanadierin, die am Folgetag
eine Operation vor sich hatte, eine deutsche Wwooferin und eine weitere
Deutsche auf der Durchreise. Ich glaube in genau einer Nacht hatte ich das
Zimmer auch mal für mich. Seit gestern habe ich nun eine dauerhafte
Mitbewohnerin aus Neuseeland namens Michelle, die die letzten Monate im Big
White Ski Resort gearbeitet hat. Am meisten habe ich allerdings mit den
Mitarbeitern der Unterkunft und den Leuten die im Hostel wohnen und in der
Umgebung arbeiten zu tun, da diese nicht von Tag zu Tag wechseln. Georg aus Dresden ist beispielsweise sehr
gesprächig und verdient sein Geld mit dem Renovieren eines Hauses in der Stadt.
Philipp kommt aus Quebec und macht eine mega Weltreise. Im Hostel arbeiten tut
der Australier Matt, der sehr sehr gerne Gitarre spielt und die beiden
Schwestern Patricia und Valeria, auch aus Quebec. Seit letzter Woche ist auch
Paula aus Bayern in Kanada und sie hat auch einen Job im Hostel bekommen.
Mit ihr war ich letzten Samstag
zunächst auf dem lokalen Farmers Market (wo es eine sehr gute deutsche Brezel
gab) und anschließend auf der Kangaroo Creek Farm in Lake Country. Dort konnten
wir in ein riesiges Gehege mit Kängurus, Pampashasen und einem Emu. Alle diese
Tiere konnten wir füttern und streicheln und wir waren einfach hochauf
begeistert. Kängurus sind so super weich und total niedlich! Wir wollten am
liebsten eins mitnehmen. Am besten eines der kleinen Babys, die wir auch auf
dem Arm gehalten haben. Der Ausflug dahin war definitiv eines der Highlights
von meiner bisherigen Zeit in Kanada. Im zweiten Gehege waren auch noch
Hängebauchschweine, ein riesiger Truthahn und Pfaue, jedoch waren die vielen
zahme Kängurus einfach die Hauptattraktion.
Im wahrsten Sinne des Wortes aus der Hand gefressen |
Totale Begeisterung über das süße, nur zwei Wochen alte Känguru |
Später hieß es dann Shoppen gehen
in der Orchard Plaza Mall, aber da wir eher auf dem Spartrip sind, gingen wir
am nächsten Tag erstmal bei schönstem Wetter (wie hier fast jeden Tag) wandern.
Zuerst erkundeten wir den Rundweg im Bear Creek Provincial Park, der einen
Wasserfall, steile Felswände, wunderschöne gelbe Blumen überall wo man hin
schaut und vor allem unfassbar tolle Aussichten auf das Tal zu bieten hat.
Da
Paula und ich anschließend noch Puste hatten, fuhren wir in den Kalamoir
Regional Park und hingen gleich noch eine kurze Wanderung dran. Diesmal direkt
am See in West-Kelowna zwischen abermals denselben schönen Blumen und Blicken
auf das Wasser. Außerdem konnten wir einen weiteren Adler, Murmeltiere und
farbenprächtige Schmetterling sichten. So erlebe ich hier Tag für Tag weitere
Highlights.
Samstag, 18.04.2015 – Tag 291
Das Leben in Kelowna International
Hostel wird langsam zum Alltag, aber dennoch nicht langweilig. Ob ich mit Paula
nur durch Downtown und in ein sogenanntes Pulpfiction Café gehe, in dem es
nicht nur Kaffee und Kuchen, sondern auch unzählige Antiquitäten und alte
Bücher gibt, oder wir einfach nur im Hostel bleiben und uns ein tolles Essen
zaubern, irgendwas schönes fällt uns immer ein.
Auch mit Michelle aus meinem
Zimmer verstehe ich mich super. Vor ein paar Tagen sind wir nach Peachland
gefahren und haben das Parrot Island Sanctuary besucht. Dies ist ein
Aufnahmezentrum für Papageien und andere exotische Vogelarten, die als
Haustiere nach Kanada importiert und schließlich nicht mehr gewollt wurden. Wir
hatten uns das Ganze eher wie einen kleinen touristischen Vogelpark vorgestellt.
Im Endeffekt war es eher nur ein größerer Raum mit riesigen und vor allem
stimm- bzw. schnabelgewaltigen Vögeln in relativ kleinen Käfigen. Schön sahen
sie shcon aus mit ihrem bunten Federgewand, aber vor allem bei den Kakadus mit
ihrem unglaublich ohrenbetäubenden Krächzen kann man schon irgendwie verstehen,
warum sie dort abgegeben worden waren. Dafür habe ich papageien und Kakadus
wirklich mal richtig sprechen hören und der eine hat uns sogar solange
zugelabert, bis wir ihm zugestimmt haben, dass er ein schöner Vogel sei.
Ein neugieriger Rio! |
Umgeben von um Aufmerksamkeit schreienden Vögeln |
Anschließend sind wir noch in das kleine Dorf von Peachland gefahren, das aus
drei kleinen Läden und einer Touriinfo besteht, aber dafür eine wundervolle
Atmosphäre am See zwischen den Bergen hat. Von einem kleinen Aussichtspunkt an
der Straße konnten wir diese auch noch einmal von einer beträchtlichen Höhe aus
bewundern.
Gestern waren Michelle und ich nochmals am See hier in Kelowna und
sind die Runde gelaufen, die ich am ersten Abend schon erkundet hatte, als ich
noch fest davon ausging, nur für eine Nacht in der Stadt zu bleiben. Wir haben
übrigens herausgefunden, dass die Eule nicht echt ist. Heute Nachmittag ging es
dann zu einer kleinen Wanderung entlang eines Canyons, die eigentlich zu einem
Wasserfall führen sollte, den wir leider nie erreicht haben, aber dafür mal
wieder einen traumhaften Blick auf das Tal bekamen. Solche Blicke bekommt man
hier echt ständig und von überall zu Gesicht und jedes Mal ist die Aussicht
doch ein wenig anders und immer wieder überwältigend schön. So hielten wir auch
noch an einem der vielen Weinberge an und genossen den Sonnenschein. Sonst
verquatscht man einfach viel ziemlich Zeit im Hostel. Momentan ist das relativ
überfüllt von Australiern aus Big White.
Mein Vorstellungsgespräch bei
Starbucks lief eigentlich richtig gut, abgesehen davon, dass sie niemanden
einstellen, dessen Visum Anfang Juli anläuft. Dafür bin ich endlich mal dazu
gekommen, meine Steuererklärung zu machen. Zudem habe ich dann einfach mal die
Managerin im Hostel gefragt, ob sie noch Leute gebrauchen könnten und Patricia
meinte, dass sie sogar schon an mich gedacht hatte. Damit hatte ich gar nicht
gerechnet, da Paula ja erst ihr angefangen hat und Philipp nun auch bald
mithilft. Dennoch war ich gerne gesehen und so habe ich heute Morgen angefangen
für meine Unterkunft zu arbeiten. Die Arbeit macht wirklich Spaß und ich mache
kaum etwas, was ich nicht schon vorher auch getan habe. Es ist zwar nur ein
Teilzeitjob und ich bezahle damit nur mein Bett, aber ich kenne meine
Mitarbeiter schon und es ist echt nicht viel zu tun. Eigentlich geht es nur
darum, die Kunden zu bedienen und einzuchecken, obwohl das auch mehr die
Vollzeitangestellten übernehmen, und alles so sauber wie möglich zu halten.
Heute habe ich mit Valerie zusammengearbeitet und wir hatten sogar so viel
Zeit, dass sie mir ein wenig Französisch im Austausch für Deutschstunden
beigebracht hat. Bald werde ich dann wahrscheinlich auch in einen der Mitarbeiterräume
ziehen, da ich nun offiziell zum Team gehöre. So schnell können die Dinge ihren
Lauf nehmen.
Hostelleben |
Jenny