Sonntag, 17.08.2014 – Tag 47
Es war so klar! Erst druckt man
tausende Résumés und bewirbt sich in jedem noch so kleinem Geschäft, um
wenigstens irgendeinen Job zu bekommen und dann wird man von Angeboten
überhäuft und hat die Qual der Wahl. Zunächst einmal hatte ich letzten
Donnerstag ein Bewerbungsgespräch beim „Spring Hill RV Park“, der etwas über
7km von Cochrane entfernt liegt. Die Länge der Strecke mit dem Fahrrad zu
bewältigen war nicht das Problem, aber über die zig Hügel habe ich mich echt
hochgequält und mir geschworen mir ein Auto zu kaufen, falls ich jemals dort
arbeiten sollte. Also kam ich gerade so rechtzeitig und vollkommen erschöpft am
Campingplatz an, um noch 20 Minuten auf meinen Interviewer warten zu müssen.
Das Vorstellungsgespräch an sich dauerte keine zehn Minuten und es war auch
nicht wirklich so, wie man sich ein solches Gespräch vorstellen würde. Abgesehen vom Gehalt, welches sich sehr
akzeptabel anhört, weiß ich auch gar nicht mehr so wirklich, worüber wir
gesprochen haben, weil das nur so eine kurze Konversation war. Interessant ist
auch, dass Caren mir im Nachhinein mitteilte, dass es in Kanada sehr unüblich
ist, bei einem Interview über das Gehalt zu sprechen. Jedenfalls hat mich die
Geschichte etwas verwirrt und so habe ich nicht damit gerechnet, dass ich den
Job bekommen sollte. Ungefähr eine Stunde später bekam ich dann das Angebot per
Telefon und ich habe erst einmal zugesagt. Währenddessen saß ich schon im
nächsten Interview im „Ramada“ Hotel fürs Housekeeping. Eigentlich hatte ich
schon eine Woche zuvor einen Termin gehabt, nur war ich an dem Tag scheinbar
die einzige, die diesen eingehalten hatte und so stand ich dort ein wenig
hilflos herum. Das Interview, das am Donnerstag dann etwas spontan stattfand,
war schon eher ein richtiges Bewerbungsgespräch. Mir wurden unzählige Fragen
gestellt, wie ich das Team voran bringen würde, warum ich gerade im „Ramada“
arbeiten möchte, was ich in der und der Situation tun würde und, und, und… Allein die Erfahrung eines solchen Gespräches
war schon mal sehr lehrreich und nach der Reaktion meiner Gesprächspartnerin zu
beurteilen, waren meine spontanen Antworten auch sehr überzeugend. Beim Hotel
bin ich also relativ sicher, dass sie mir die Stelle, übrigens für dasselbe
Gehalt, anbieten werden. Den Anruf habe ich zwar am nächsten Tag verpasst, aber
zu dieser Zeit hatte ich die Position innerlich für mich sowieso schon
gestrichen. Denn auch, wenn ich ganz tolle Vorteile in allen Hotels der Kette
dadurch bekommen würde und ich auch sehr gut mit dem Rad die Arbeit erreichen
würde, muss ich nicht jeden Tag mit Putzen verbringen, wenn ich andere
Alternativen habe. Eine andere Alternative hätte ich beispielsweise im
supergemütlichen Café namens „Cochrane Coffe Traders“, wo ich sowohl als
Bedienung und an der Theke, als auch in der Küche arbeiten könnte. Diese Aussicht
und auch die tolle Atmosphäre locken mich natürlich auch, zumal die
Supervisorin und ihre eine Mitarbeiterin, die mich auch beim Gespräch kennen
gelernt hat, beide sehr begeistert von mir waren. Das Café wäre auch relativ
gut zu erreichen, nur würde ich dort nun wieder drei bis vier Dollar die Stunde
weniger verdienen und könnte mir so auch kein Auto leisten. Folge wäre, dass
ich abhängig und unflexibel bleibe und nicht so schnell weitere Fahrerfahrung
sammeln könnte. Das Problem ist eben, dass man innerhalb von Cochrane sich ohne
Auto relativ schwer bewegen kann und aus dem Ort raus sowieso nicht kommt.
Somit fiel meine Entscheidung erst einmal für den Campingplatz und Dienstag
werde ich dann auch eine genauere Vorstellung davon haben, was mich dort erwartet.
Zumindest weiß ich schon wie anstrengend die Fahrradtour dorthin wird… Eine
weitere Einnahmequelle für die nächste Zeit wird Manfred mit seiner
Versicherungsfirma sein. Dieser kam ursprünglich auch einmal aus Deutschland
nach Kanada und spricht heute weder ein perfektes Englisch noch ein perfektes
Deutsch. Er war Carens erster Arbeitgeber hier und kann mich wahrscheinlich ab
und zu mal als Assistentin gebrauchen. Da er bald nach Deutschland fliegt, hat
er momentan einige Mails auf Deutsch zu verschicken, die er mir einfach
diktiert und die ich ihm dann schnell und problemlos abtippe. Außerdem muss er
100 Päckchen für seinen Besuch zusammenpacken, womit ich morgen anfangen werde.
Somit sieht es arbeitstechnisch momentan nicht so schlecht aus und vielleicht
schaffe ich es sogar nach einigen Monaten eine Zeit lang nur reisen zu können.
Wir werden sehen…
Dieses Wochenende war erst einmal
noch Erholung angesagt. Caren, Marc und ich waren nämlich Campen am
Crimson-Lake in der Nähe von Rocky Mountain House. Freitagabend hatten wir dort
einen unglaublichen Sternenhimmel und ich habe zum ersten Mal in meinem Leben
eine Sternschnuppe gesehen, was ein wunderschönes Erlebnis war. Hier hat man
einfach auch eine viel größere Fernsicht als woanders und damit spannt sich
abends ein unglaublich großes Himmelszelt über einem auf. Und solange ich mein
Jahr hier in Kanada genieße, hat sich mein Wunsch doch schon erfüllt. Zu einem
richtigen Campingwochenende gehören natürlich auch S´mores und Burger. Gestern
machten wir noch einen kleinen Ausflug in das Örtchen Rocky Mountain House, wo
wir einen sehr guten Outdoor- und Cowboy-Laden gefunden haben und ich mich mit
dem Dollarstore angefreundet habe, wo ich gleich ein paar kleine Dinge zum
Tauschen fürs Geochachen besorgt habe. Letztes Wochenende haben wir einer
Arbeitskollegin aus dem Headoffice von „Tourism Calgary“, und ihrer Tochter das
Cachen gezeigt, die mit voller Begeisterung dabei waren. Zudem machten wir eine
Segeltour auf dem Ghost-Lake mit einem von Marcs Arbeitskollegen und seiner
Frau, die beide Chris gerufen werden und vor Jahrzehnten aus Polen eingewandert
sind. Wir konnten den gesamten Tag lang auf dem See
hin und her fahren und ich durfte sogar selbst mit der Pinne
steuern und die Wendemanöver einleiten. Außerdem war es ein perfekter Tag, wir
haben Wildpferde im Indianer-Reservoir gesichtet und ich kann schon verstehen,
warum Laura so gerne auf dem Wasser die Segel hisst. So erlebte ich also wieder
zwei vollgepackte Wochenenden, obwohl das Campen die letzten drei Tage doch sehr
entspannt war.
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Ghost Lake |
Innerhalb der Woche hatte ich
nämlich auch ganz schön viel zu tun, obwohl ich nur Dienstag und Mittwoch in
der Tourist-Information gearbeitet habe. Dazu musste ich nämlich auch noch die
Liste der Konzerte abgeben, für dich ich für das „Calgary Philharmonic
Orchestra“ volunteeren möchte. Nach einem weiteren Interview wurde ich nämlich
offiziell als Volunteer des CPO angenommen. Freiwilligenarbeit ist hier in
Kanada sowieso sehr groß angesehen und selbstverständlich, dadurch kann es ja
nicht schaden, auch diese Erfahrung einmal mitzunehmen. Außerdem habe ich mich
darum gekümmert, dass ich eine Woche lang beim Radrennen der „Tour of Alberta“
als Teil der Startcrew arbeite. Das werden garantiert lange und anstrengende
Tage, aber so bekomme ich noch die Möglichkeit durch Alberta zu reisen, zu
verstehen, wieso Calgary unter anderem als Sportstadt ausgezeichnet wurde, und
ganz nebenbei CAN$ 1,200 zu verdienen. Meine Finanzierung des Aufenthalts geht
also sichtbar voran und so habe ich fast jeden Tag ordentlich was zu tun.
Übrigens kam am Donnerstag zu der
erfolgreichen Jobsuche noch ein weiteres Highlight hinzu, denn ich habe mein
erstes selbst verdientes Geld erhalten, da „Tourism Calgary“ den Lohn meiner
ersten fünf Arbeitstage auf mein Konto überwiesen hat. Dies wurde gebührlich
mit einer Flasche Sekt und einem Restaurant-Besuch gefeiert.
Nun sind wir gerade auf der
Rückfahrt nach Cochrane und eine weitere anstrengende, aber interessante Woche
steht mit bevor.
Sonntag, 24.08.2014 – Tag 54
Arbeiten kann echt anstrengend
sein… Vor allem, wenn man auf sein Wochenende verzichtet. Montag war ich bei
Manfred im Büro. Das ist echt eine Type! Die Mails, die ich ihm zuvor abgetippt
habe waren ja nun echt kein Problem. Den Tag in seinem Office habe ich damit
verbracht Pappkartons zu kaufen und diese zu füllen, sodass er bei seiner Reise
nach Deutschland nächsten Monat Kalender und Schlüsselanhänger zum Verschenken
schon vor Ort hat, Dokumente abzuheften und seinen Reiseplan in Excel
auszufüllen. Diesen hatte er mir natürlich ich bis aufs kleinste Detail
aufgenommen. Durch die schlechte Qualität des Diktaphon und seiner Mischung aus
Deutsch und Englisch hat man nur leider so gut wie nichts verstanden, sodass
mich diese Aufgabe echt zum Verzweifeln brachte und ich natürlich nicht damit
fertig wurde. So entscheid sich Manfred dazu, den Rest nochmals über sein
Smartphone aufzunehmen, genauso wie alle Korrekturen, dich ich vornehmen musste
aufgrund des schlechten Verstehens. Das muss man sich erst einmal vorstellen!
Er hat seinen Reiseplan und alle Unterlagen wie Zeiten und Adressen direkt vor
sich am Computer und nimmt nun das Ganze zum zweiten Mal auf und lässt es mich
eintragen, anstatt es einfach selbst schnell einzuschreiben und damit eine
Menge Geld und Zeit zu sparen. Ich kann diese Ineffizienz immer noch nicht
nachvollziehen aber befolge nun Carens Rat, einfach nicht weiter darüber
nachzudenken, mein Gehirn am Eingang des Büros abzugeben, es am Ende des Tages
wieder mitzunehmen und mich über einfach verdientes Geld zu freuen. Dennoch war
dieser Tag einfach ein wenig frustrierend. Am Tag darauf fing ich meinen Vollzeitjob
auf dem Campingplatz an der Rezeption im Park Office als Front Desk Agent an.
Dieser Start dort war nicht weniger erfolglos als bei Manfred. Ich empfand die
Arbeit als total unorganisiert und sinnfrei und konnte meine Aufgabe nicht
wirklich identifizieren. Somit war mir schon nach einem Tag dort klar, dass ich
keine Ewigkeiten auf der Position verbringen werde. Aber natürlich gebe ich
nicht sofort nach dem ersten Tag auf und mittlerweile habe ich gestern schon
meinen fünften Tag gut überstanden und mich relativ gut reingefunden und
eingearbeitet. Das einzige Problem ist immer noch der Arbeitsweg, den ich
momentan täglich mit dem Rad bestreite. Deshalb brauche ich nun dringend ein
Auto, jedoch wurde jenes, das ich in Aussicht hatte, gestern verkauft. Die
Kanadier sind in solchen Entscheidungen einfach viel spontaner. Gestern hatte
ich dann auch noch eine sehr verwirrende Situation auf dem Campground, die mir
so unlogisch erschien, dass ich sogar vermutete, dass meine Chefin Bonnie mir
einen Testkunden geschickt hätte. Das war natürlich nicht der Fall, aber
irgendwas war verdammt schief gelaufen und ich war in dem Moment natürlich die
einzige, die an der Rezeption saß und damit nun umgehen musste. Ein Kunde hatte
den Abend zuvor nämlich angerufen und einen Stellplatz reserviert und wollte
nun ganz normal bei mir einchecken. Da kein Package aus Karte, Platzregeln und
Swipe-Card zum Öffnen des Gates vorbereitet war, musste ich ihn im System
suchen. Dieses zeigte mir allerdings an, dass dieser Kunde bereits die Nacht
zuvor eingecheckt worden ist und an dem Tag den Platz eigentlich schon wieder
verlassen müsste. Auch Transaktionen wurden auf seinem Namen scheinbar Cash
vollzogen, aber der Kunde wusste von nichts und ich hatte den Abend zuvor keine
Schicht. Da aber niemand jemanden einchecken würde, ohne, dass die Person
direkt vor einem steht, war das alles ganz schöner Unfug. Auch die
Mitarbeiterin, die am Vortag um die Zeit des vermeintlichen Check-Ins anwesend
war, hatte keine Ahnung. Bonnie war glücklicher Weise zumindest begeistert,
dass ich angeblich so professionell war und dem Gast einen Stellplatz für die
Nacht anbieten konnte und das Ganze irgendwie dann schon gehändelt habe. Und
dies war nur ein Highlight des Tages. Cool war es auch, dass Caren und Marc
einfach mal vorbeigekommen sind, um sich anzugucken, was ich so den Tag über
mache. Von Freitag bis morgen bin ich nämlich die einzige aus dem Haushalt
Kaufmann, die arbeiten geht. Heute war der siebente von zehn Tagen, an denen
ich durchweg arbeite. Allerdings hatte ich heute mal eine Auszeit vom
Campingplatz, da ich Tyler im Visitor Information Centre ausgeholfen habe. Er
ist nämlich am Wochenende normaler Weise alleine drin und wird von Touristen
nur so überrannt. Ich empfand Downtown heute allerdings als komplett verlassen.
Dafür hatte ich wieder total viele deutsche Gäste, von denen auch einige lange
in Kanada bleiben und sowas in der Art hier machen, was auch ich tue. Eine Frau
hat sich bei mir beschwert, dass Calgary so dreckig und voller Obdachloser ist
und sie die Stadt überhaupt nicht schön findet. Im Vergleich zu Deutschland und
auch zu anderen kanadischen Städten ist Calgary eigentlich sehr sauber und
sicher. Normaler Weise jedenfalls. Hinzu kam nur leider, dass gerade letzte
Nacht eine Frau in Downtown erschossen wurde, was hier immer noch niemand
glauben kann. Zugegeben hatte ich heute auch nicht den besten Eindruck von
Calgary, da ich das erste Mal, abgesehen von der Stampede, am Wochenende in
Downtown war. Zwar haben viele Läden hier auch sonntags offen, aber es ist
einfach niemand unterwegs, der einkaufen gehen könnte und der Stephen Avenue
Walk, welcher DIE belebte Fußgängerzone Calgarys ist, war wie ausgestorben.
Dadurch sind die Obdachlosen natürlich auch die einzigen, die dir über den Weg
laufen und man nimmt sie somit auch viel bewusster wahr. Des Weiteren durfte
ich heute zusehen, wie ein kleiner Junge direkt in die Glasscheibe unseres
Centres rannte, weil er sie einfach nicht gesehen hat. Und so könnte ich noch
tausende kleine interessante Geschichten vom VIC und vom RV Park erzählen… Von
Sachsen, die kein Englisch können, über mögliche Testkunden bis hin zu
Stadtkarten, denen jegliche wichtige Informationen wie Bahnstationen und
Campingplätze fehlen.
Die Freizeit, die nach einem
Arbeitstag noch übrig bleibt, verbringe ich mit Geocachen, Filme schauen und
was immer so anliegt. Heute hat beispielsweise Kaylee Geburtstag und ich war
kurz bei ihr drüben, um ihr zu gratulieren. Ganz nebenbei hat sie dabei gleich
die Ehre erhalten, sich als erste auf meiner Kanada-Flagge zu verewigen. Im
Nachhinein hat Eryn, ihre Mutter, uns noch einmal geschrieben, wie gerührt
Kaylee davon war. Morgen hat dann Caren Geburtstag und zu diesem Anlass gibt es
natürlich einen Jenny-Kindergeburtstags-Puddingkuchen. Auch Laura wird bald
eine Überraschung bekommen, da sie ja auch bald nach Neuseeland fliegt und
unsere Freunde daheim ein Musikvideo für sie drehen. Damit ich auch in einem
kleinen Ausschnitt darin zu sehen bin, waren Caren und ich gestern am Cochrane
Ranchehouse und haben ein paar Szenen aufgenommen.
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eine unvergessliche Sinfonie aus Farben, Formen und Musik |
Am Donnerstagabend war ich
mit ihr und Marc beim „Global Fest“, das an fünf Tagen jeden August stattfindet
und an welchem verschiedene Länder je eine Feuerwerkskomposition zu Musik
gestalten, die am Ende bewertet wird. An dem Tag unseres Besuchs war Frankreich
an der Reihe und das Feuerwerk war wirklich gigantisch und einzigartig. Es ging
ungefähr eine Stunde lang, in der die verschiedensten Formen und Farben den
Himmel erleuchteten und sich im See des Elliston Parks spiegelten. Allein das
Festivalgelände war sehr sehenswert. Viele Länder, deren Einwohner in Calgary
vertreten sind, hatten einen Informations- und Verkaufsstand ihrer Kultur,
sowie ein Essenszelt mit den verschiedensten Leckereien. Dieses Festival hat
mich definitiv sehr beeindruckt und ich würde es auf jeden Fall wieder
besuchen, wenn ich noch einmal die Chance dazu haben sollte.
Donnerstag, 04.09.2014 – Tag 65
Jetzt gönne ich mir mal etwas!
Die letzten Wochen und vor allem Tage waren sehr anstrengend und die Nächte
sehr, sehr kurz. Heute Nachmittag bin ich nun endlich etwas zur Ruhe gekommen
und jetzt sitze ich in einem gemütlichen Restaurant in Wetaskiwin und lasse
mich kulinarisch verwöhnen. Der Caesers Salad ist schon verschwunden, aber das
Steak und der Brownie zum Nachtisch warten noch auf mich.
Stressig war es ja schon, als ich
auf dem Campingplatz angefangen habe, da ich dort zehn Tage am Stück gearbeitet
habe. Als ich diese überstanden hatte und nach meinem freien Tag
wiederkam, fing aufgrund des Labourdays
letzten Montag ein langes Wochenende an. Somit hatten wir auf dem RV-Park über
40 Check-Ins an einem Tag. Mittlerweile bin ich aber schon ziemlich gut
eingearbeitet und manage die Rezeption überwiegend alleine. Sonntag war dann
natürlich überhaupt nichts mehr los und so saß ich wirklich acht Stunden lang
nutzlos auf der Arbeit herum. Erinnert einen irgendwie an Schule, nur dass ich
jetzt fürs Rumsitzen bezahlt werde… Und von dem Lohn möchte ich mir doch nun
wirklich ein Auto kaufen. Da ich dies eigentlich schon vor Carens und Marcs
Urlaub erwerben wollte, um nicht länger jeden Tag mit dem Rad die steile
Strecke zurücklegen zu müssen, machten Marc und ich uns letztens auf den Weg
zum Car-Shopping, wie er es so schön ausgedrückt hat. Die Händler, die uns
dabei begegneten, und die Autos, die wir dabei zu Gesicht bekamen, waren von
erschreckender Qualität. Von Pflege keine Spur – sowohl bei den Menschen als
auch bei den Fahrzeugen. Diese Erfahrung war ziemlich erschreckend und so blieb
der Erwerb eines Fahruntersatzes an diesem Tag für mich aus. Dennoch war unsere
Tour nicht erfolglos. Auf der Suche eines PKW bekam ich eine gute und dafür
preiswerte Winterjacke, habe ich mir einen ordentlichen Proviant an Schokolade
angelegt, konnte ich deutsche Brezeln auf einem wundervollen Farmers Market
ergattern und habe ich das neue große Shoppingcenter „Cross Iron Mills“ mit
einem total toll aufgezogenen Outdoor-Laden kennengelernt. Alles in allem war
es also ein toller Tag.
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nette Begrüßung am Eingang des "Bass Pro Shops" in der "Cross Iron Mills" |
So jetzt ist mein Hauptgang da,
den werde ich bestimmt nicht kalt werden lassen!
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Parade zum Labour-Day in Cochrane |
Wow, kann Essen gut sein!
Irgendwie hat es wirklich was, einmal für sich alleine essen zu gehen und sich
verwöhnen zu lassen… Aber zurück zu meinen anstrengenden Tagen. Die neue Woche
fing also mit dem Labourday an und somit gab es in Cochrane eine große Feier
und der Tag wurde mit einer tollen lokalen Parade eingeleitet. Diese war
natürlich nicht im Ansatz so groß wie die zur Stampede, aber dafür dennoch oder
vielleicht deshalb sehr sehenswert. An die Kinder werden Süßigkeiten verteilt,
die örtlichen Vereine machen auf kreative Weise auf sich aufmerksam und es
besteht einfach ein viel größerer Kontakt zwischen Teilnehmern und Zuschauern.
Später am Tag findet außerdem das örtliche Rodeo statt. An dem Rodeoground
waren wir ein paar Tage zuvor vorbeigekommen, sodass ich diesen ein wenig
inspizieren konnte. Das Schöne an einem kleineren Rodeo ist einfach auch, dass
man viel näher an die Tiere und die Reiter heran kommt. Leider hatte ich keine
Chance mir das Rodeo anzusehen, denn am Montag fing auch mein einwöchiger Job
bei der „Tour of Alberta“ an.
Auch wenn ich mich noch nie
wirklich für Radrennen interessiert habe, sollte das eine lehrreiche Erfahrung
werden. So brachten mich Marc und Caren nach der Parade zum Canada Olympic Park
in Calgary, wo ich noch ein Jahr zuvor mit der Zipline die Skischanze
heruntergeflogen bin. Dort begann ich damit die Felder auf dem Parkplatz zu
markieren, auf denen dann für das Festival die Verkaufs- bzw. Werbestände
platziert wurden. Zudem half ich dabei das Plakat und die Planen auf den Bühnen
anzubringen und Werbeanzeigen bzw. sogenannte Banner am Zaun im Ziel zu
befestigen. Insgesamt empfand ich meinen ersten Arbeitstag als sehr
unkoordiniert und wie beim Campingplatz war es erst einmal auch hierbei wieder
schwer zu erkennen, was meine eigentliche Aufgabe ist. Hinzu kam, dass alle meine Mitarbeiter sich
schon von zahlreichen Straßenrennen kennen und die Mehrzahl mindestens zehn
Jahre älter als ich ist. Somit ist es in der Gruppe nicht ganz so einfach Anschluss
zu finden. Als Deutsche bin ich dann noch halbwegs interessant, weil ich eben
von weit her komme, aber dafür wird man auch total darauf beschränkt. Meines
Erachtens liegt das aber auch daran, dass die meisten meiner Mitarbeiter aus
den Staaten kommen. Die Kanadier wollen normaler Weise zwar auch wissen, woher
man kommt und interessieren sich dafür, aber bei ihnen wird man auf eine ganz
andere Weise aufgenommen in eine Gruppe, die in dem Moment zusammen an einem
Ort ist und für ein Ziel kämpft. Ich habe in den Tagen der Tour auch sehr mitbekommen,
dass die Amis wirklich oberflächlicher sind als ich die Kanadier als solches
beschreiben würde. Das mag man vielleicht nicht verallgemeinern können und schon
gar nicht meine ich jemanden bestimmtes damit, aber dies ist eine Sache, die
ich persönlich so wahrgenommen habe. Dennoch sind so ziemlich alle hier nette
Menschen, mit denen man gut zusammen arbeiten kann.
Ich habe jetzt mein Essen
beendet, bin super zufrieden und werde im Hotel fortfahren.
Samstag, 06.09.2014 – Tag 67
Aus dem Fortfahren wurde am
Donnerstag irgendwie doch nichts mehr. Nach dem hervorragenden Essen konnte ich
mich nämlich doch noch dazu aufraffen meinen Cache für diesen Tag zu suchen und
damit weiter an meiner Challenge zu arbeiten. Somit kam ich allerdings wieder
später im Hotel an als gewollt und habe nun immer noch nichts an Schlaf der
letzten Tage nachgeholt. Im Hotel habe ich auf der Tour übrigens jeweils mein
eigenes Zimmer, da wir in Start- und Finishcrew eingeteilt wurden und ich so
nur mit jemandem aus meiner Startcrew untergebracht werden kann. Unter diesen
neun Leuten gibt es nämlich nur noch eine weitere Frau und die ist die Chefin
unserer Gruppe, womit sie ihr Einzelzimmer bekommt und ich schließlich auch
meins. Das ist ehrlich gesagt ziemlich cool. Anfangs war es etwas ungewohnt,
weil ich zuvor noch nie alleine in einem Hotelzimmer übernachtet habe, sowie
ich vor Donnerstag auch noch nie alleine ein Restaurant besucht habe, aber im
Endeffekt kann man sich es alleine in so einem riesigen Raum echt gemütlich
machen. Vor allem, wenn das Zimmer so groß ist, wie eines, in dem ich sonst mit
der Familie unterkomme.
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Bobteam von Jamaica - Canada Olympic Park Calgary |
Die erste Station des Radrennens
war also Calgary. Auf dem Gelände des Canada Olympic Parks fuhr jeder
Teilnehmer für sich vier Kilometer bergauf, was als Prolouge bezeichnet wird.
Als Staff haben wir Montag und Dienstag früh dafür alles vorbereitet und
mussten abends nach dem Rennen auch alles wieder abbauen. In der Zwischenzeit
sind wir über das Festivalgelände geschlendert, wo unter anderem Caren Tourism
Calgary mit einem Stand vertreten hat. Außerdem habe ich meine erste Geocoin in
einem Cache gefunden und Lauren, Pete und ich hatten die Chance in genau dem
Winterbob zu sitzen, der für den Dreh des Films „Cool Runnings“ verwendet
wurde. Lauren war meine Rettung unter den Leuten der Construction Crew. Sie ist
eines der wenigen Mädels des Teams, nur vier Jahre älter als ich und kommt aus
New York. Bevor die beiden Gruppen getrennt wurden, war der Start nämlich
zeitgleich das Ziel und alle haben zusammen gearbeitet, weshalb die Arbeit in
den ersten Tagen auch so unkoordiniert war. So war Jenny meist dort, wo Lauren
war und Lauren war dort anzutreffen, wo Jenny war. Dies war allerdings nur in
Calgary und in Lethbridge möglich, da es anschließend für meine kleine Gruppe
nach Innisfail ging und für ihr großes Team nach Red Deer. Innisfail hat mir
bei Weitem besser gefallen als Lethbridge, was aber auch am Wetter liegen
könnte. Genau wie Wetaskiwin, wie unsere Station gestern lautete, ist Innisfail
ein nettes kleines Städtchen, in dem man wahrscheinlich nicht länger als einen
Tag bleiben sollte, weil es dafür nicht genug zu sehen gibt, aber es ganz schön
war, einmal dort gewesen und die Hauptstraße (und zugleich einzige Straße)
hinab gelaufen zu sein. Die kleinen Städte überzeugen definitiv auch damit,
dass sie so freundlich sind und kostenloses Essen für alle Helfer zur Verfügung
stellen, was Calgary und Edmonton bisher nicht geschafft haben. Heute fand der
Start nämlich in Northlands bei Edmonton auf einem riesigen Parkplatz mitten im
Nirgendwo statt. Es gab dort nicht einmal die Möglichkeit sich etwas zum Essen
zu kaufen. Dafür bekommt man während der Tour von den Ausstellern und Sponsoren
die verschiedensten Sachen mit auf den Weg. Von Beuteln über Sonnenbrillen bis
hin zu Fahrradlichtern und einem unglaublich guten und teuren Rucksack. Zudem
bin ich durch meine Uniform inklusive regen- und winddichter Jacke sowie
atmungsaktivem Shirt für den Rest des Jahres hier ausgestattet. Zu den ganzen
Mitbringseln im Gepäck kommen dann natürlich noch die Erfahrungen, die ich die
ganze Woche über Tag für Tag sammle. So trank ich beispielsweise meinen ersten
eigenen Kaffee, wum Lauren beim Fahren mitten in der Nacht wach halten zu
können. Die wichtigen und wahrscheinlich viel interessanteren Erfahrungen macht
man aber, wenn man mit sieben richtigen Arbeitern unterwegs ist und zusammen
arbeitet. Allein an der Tatsache, dass es kräftige, große Kerle sind, erkennt
man ja schon, wie perfekt ich in diese Gruppe passe.^^ J Da gibt es einmal Pete, der
mit im Bob saß und unser „Orangeguy“ ist, da er dafür verantwortlich ist, dass
die ersten hundert Meter der Rennstrecke mit einem knallorangenen Zaun
abgesichert ist. Mit Pete kann man sich total klasse unterhalten und er ist
derjenige, der wahrscheinlich noch am wenigsten nach Arbeiter aussieht bzw.
sich so benimmt. Anders ist das schon mit Frank, dem ältesten Mitglied unserer
Crew und dennoch ist er ein typisch amerikanischer Badboy. Mit zahlreichen
Tattoos auf seinen braunen Armeen und der Hiphop-Musik, die siebenmal
vierundzwanzig Stunden in seinem Van zu laufen hat, hat er jede Situation unter
Kontrolle. Gleichzeitig ist er aber auch derjenige, der auf alle aufpasst und
uns irgendwie zusammenhält. So hat er mir heute ein paar Aufgaben näher
gebracht, in denen ich eigentlich nicht involviert bin, weil sie einfach zu
handwerkermäßig sind oder ich nicht stark genug bin. So fand ich mich heute
plötzlich an der Truss schraubend wieder, um nur ein Beispiel zu nennen. (Ich
glaube für Truss gibt es nicht wirklich ein deutsches Wort, zumindest kenne ich
es nicht, aber damit ist das Torgestell über der Start- bzw. Ziellinie gemeint).
Gleichzeitig passt Frank aber auch darauf auf, dass ich Aufgaben habe (Banner
verteilen, Banner am Zaun befestigen, die Truss mit allen Sponsorenschildern
dekorieren…), ich mit diesen auch klarkomme und ich für gemeisterte
Herausforderungen gelobt werde. Das hört sich vielleicht ein bisschen kindisch
an, aber diese Woche hat nur so vor Herausforderungen gestrotzt. Somit ist
Frank ein wenig der Papa unserer Truppe. Aufpassen sollte er meines Erachtens
ein wenig mehr auf Parks. Parks ist 22 Jahre alt, findet sich sehr cool mit
seinen langen fettigen Haaren unter seinem Indianer Jones-Hut und schluckt
öfter mal so kleine, bunte Pillen. Davon
abgesehen ist er sehr um das soziale Miteinander innerhalb der Gruppe bemüht und
kann sich an erstaunlich viel Deutsch aus seiner Schulzeit erinnern, dass er
auch täglich fleißig mit meiner Hilfe verbessert. Insgesamt ist es unter meinen
„Arbeitern“ aber auch einfach normal während der Arbeit zu Rauchen (und damit
meine ich nicht die einfachen Zigaretten) und zu Trinken. So tun es vor allem
auch die beiden Nicks und die Diskussion darum, wer Nick 1 und wer Nick 2 ist,
wird wohl nie ein Ende finden. Kevin ist da nicht ganz so extrem, aber das
Klischee eines amerikanischen Badboys erfüllt auch er zu fast 100%. So bin ich
die Woche doch von ganz interessanten Leuten umgeben, mit denen ich normaler
Weise wahrscheinlich nie etwas zu tun gehabt hätte. Gestern Nacht waren die
Jungs bzw. Männer stockbesoffen in einem Striplokal, wovon ich Gott sei Dank
nur von Erzählungen weiß. Heute geht unser kleines Team zusammen Essen, jedoch
hat unserer Crewleiterin Sarah schon angekündigt, dass sie dafür sorgen wird,
dass heute ausnahmsweise einmal alle anständig bleiben. Nun fehlt nur noch Ryan
in unserer Gruppe, der der einzige Kanadier hier ist und damit ein bisschen
mehr Freundlichkeit in den Tag bringt. Es ist also offensichtlich keine
Konstellation, bei der ich je im Leben auf die Idee kommen würde, mit genau
diesen Leuten meinen Tag zu verbringen. Trotzdem oder vielleicht auch gerade
deshalb ist es einfach eine interessante Sache und für eine Woche definitiv
eine gute Erfahrung, auch wenn es sicher nicht die optimale Art von Arbeit für
mich ist.
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eine wunderschön aufgebaute Truss und begeisterte Radrenn-Fans |
Montag, 08.09.2014 – Tag 69
Canada – cold and frozen country. Ich
sitze gerade im Flieger auf dem Weg von Edmonton nach Calgary und es schneit.
Im September. Das letzte Mal, dass es in Calgary geschneit hat war, wie mir
erzählt wurde, im Mai. Das ergibt drei schneefreie Monate. Ich kann es nicht
glauben… Es ist Anfang September! Am Ende der Woche soll das Wetter zum Glück
wieder besser werden. Da ich dann wieder mit dem Rad zur Arbeit auf dem
Campingplatz fahren muss, würde ich das auch sehr schätzen. Für die letzte
Woche war es auch sehr entspannt überall hingefahren zu werden und den Profis das
Radeln im Mistwetter zu überlassen.
So fand gestern in Edmonton
Downtown die letzte Etappe der „Tour of Alberta“ mit Start und Ziel am Sir
Winston Churchill Square statt. Dafür haben Start- und Zielcrew wieder
zusammengearbeitet, was allerdings wieder viel unorganisierter und
unkoordinierter was als bei den Etappen zuvor, bei denen jeder seine Aufgabe
hatte. So bekam man aber auch mal wieder die anderen Leute zu Gesicht und an
den letzten beiden Abenden bin ich mit ein paar Kollegen noch weggegangen. So
hatten wir ein leckeres thailändisches Essen auf der Whyte Avenue in Old
Strathcona, der Altstadt Edmontons und vertrieben uns anschließend noch die
Zeit in einer Billard-Bar. Gestern Abend haben die Jungs mir versucht Football
zu erklären, aber ich glaube ich war hinterher noch verwirrter als vorher.
Allerdings hatten einige gestern bzw. heute Nacht dann noch den Totalabsturz.
So musste man beispielsweise vor Diego, den ich als netten jungen Mann
kennengelernt hatte, wirklichen extremen Abstand nehmen, da er total aggressiv
wurde und das Wissen, dass er einen extremen Kampfsport in seiner Freizeit
betreibt, die Vorsicht auch nicht gerade minderte. Parks hat es gestern wohl
nicht mal mehr in sein Zimmer geschafft. Insgesamt kann man ihn nicht wirklich
einschätzen, aber er hat sich echt bemüht, mich stets zu involvieren und vor
allem sein Deutsch zu verbessern. Ganz stolz war er auch, dass er das Lied „99
Luftballons“ und die „Prinzen“ kannte. Sein Deutschlehrer muss echt einprägsam
gewesen sein. Auch lustig war es, als Zoe zu uns gestoßen ist, die über ein
Jahr in Österreich verbracht hat und so sich mit an unseren Gesprächen auf
Deutsch beteiligt hat. Zoe ist erst am Wochenende zum Event dazu gestoßen, hat
auch der Finishcrew geholfen und ist eine Schulfreundin von Sarah. Ich
persönlich habe mich mit ihr blendend verstanden und werde sie womöglich auch
wiedersehen, da zwischen Edmonton und Calgary wohnt. Cam und Jesse sind auch
noch zwei Namen, die auf jeden Fall erwähnt werden wollen, alleine schon, weil
sie die einzigen beiden in meinem Alter waren. Als ich mich vorhin nun
verabschiedet habe, war ich doch auch ein wenig wehmütig. Die Woche hat uns
alle schon zumindest zu einer Art Team zusammengeschweißt und es war eine
einmalige Erfahrung für mich. Nicht nur, weil ich so eine Tour wie diese
wahrscheinlich eher nicht wiederholen werde, sondern weil ich auch viel Spaß
dabei hatte und mir meine Arbeiter schon ans Herz gewachsen sind. Besonders
Frank, der sich super um mich als fast Jüngste der Truppe gekümmert hat, und Kevin, der selbst noch nicht ganz so
erwachsen und gangstermäßig ist, wie er es gerne hätte, werde ich in guter
Erinnerung halten. So habe ich meine Woche mit zip ties (Kabelbindern), Zangen,
Plakaten und viel zu schweren Stahlkonstruktionen also überstanden und bin mit
viel aufgeratschter Haut und blauen Flecken davon gekommen. Heute haben wir
noch in der Eiseskälte das ganze Zeug aus den Trucks umgeladen und nun lande
ich auch schon und freue mich darauf anzukommen und erst einmal drei Tage frei
zu haben.
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meine herrliche und super kräftige Start-Crew - GO DAWGS! |
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Finale Etappe in Edmonton Downtown |
Mittwoch, 10.09.2014 – Tag 71
Das Haus ist leer, Caren und Marc
sind im Urlaub und ich habe ein paar Tage zum Erholen und Verarbeiten. Es gibt
sooo viele Dinge, die man auch echt verarbeiten muss – die harte Arbeit auf der
Tour, bei der jemand gewonnen hat, dessen Namen ich nicht ein Mal in der Woche
wahrgenommen habe; den Anblick, wie am letzten Tag Parks Bruder Wynn von der
Laderampe seines Trucks stürzt und der Gabelstapler ihm hinterher; eine Wanderung mit dem Koffer durchs Gebüsch
im Tiefschnee… Okay, das sollte ich vielleicht etwas genauer erklären.
Als ich Montag am Flughafen
angekommen bin, habe ich mich vom Taxi nach Cochrane fahren lassen. Da ich
erstens ein wenig Geld sparen wollte und zweitens auch noch meinen Tageschache
absolvieren musste, bin ich in Downtown Cochrane ausgestiegen und den Rest des
Weges gelaufen. Nun hatte es in Calgary und Umgebung aber ein wenig mehr als in
Edmonton geschneit und so blieben ungefähr 20cm Schnee liegen… Mit einem Koffer
abends durch den Schnee und vor allem noch durch das Gestrüpp für einen simplen
Geocache zu waten, war dann doch etwas sehr extrem und hat mich auch einiges an
Puste und Ausdauer gekostet – und das, wo ich doch sowieso schon von der Woche
völlig fertig war, an Schlafmangel litt und einfach nur ankommen und in mein
Bett fallen wollte. Da war ich in dieser Situation dann vielleicht nicht ganz
so clever, wie ich gedacht hatte. Immerhin wusste ich schon vorher, wo der
Cache liegt und die Reiterstatue des „Men of Vision“ sah im Dunklen erleuchtet
umgeben von Schnee echt eindrucksvoll aus. Trotzdem hätte ich an diesem Tag
wahrscheinlich einfach die Challenge aufgeben sollen. Das kam in diesem Moment
für mich aber einfach nicht in Frage, da ich die gesamte Woche tapfer
durchgehalten hatte und nun schon am 36. Tag angekommen war. Vor lauter
Erschöpfung sprach ich am Cochrane Ranchehouse eine Frau an, die gerade eine
Festivität dort verlassen hatte und ins Auto stieg, und fragte sie, ob sie mich
nicht die letzten paar hundert Meter fahren könnte. Die nette Frau heißt
Valerie und nahm mich gerne mit. So trampte ich zum ersten Mal und war sehr
froh, dass die Menschen in Kanada generell so hilfsbereit sind. Auf die Frage,
wie ich mich bei ihr bedanken könnte meinte sie nur, ich solle etwas Gutes für
jemanden anderes tun. Und genau so läuft hier das Prinzip und es funktioniert
sehr gut. Ich weiß nicht, ob ich es mich getraut hätte in Deutschland einfach
so bei jemandem fremdes mitzufahren, aber ich wäre bestimmt etwas besorgter
gewesen. So hatte ich auch kein Problem am nächsten Tag einen älteren Herrn
namens Bob anzusprechen, ob er mich von Sunset aus mit nach Downtown nehmen
könne, wo ich meinen Einkauf erledigte. Zwar musste ich mit den schweren Lebensmitteln
den ganzen Weg wieder hinauf laufen, aber ich sparte mir zumindest eine Strecke
durch den Schnee. Dieser fing gestern Nachmittag schon wieder an zu schmelzen,
sodass ich echt guter Hoffnung war, jedoch kamen heute Morgen erneute 20cm vom
Himmel. Eines kann ich sicher sagen: Schneeschippen im September macht keinen
Spaß und es ist auch gar nicht lustig, wenn man am Flughafen mit einem
freudigen „Merry Christmas!“ begrüßt wird.
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Willkommen im September-Winterwundeland |
Jenny